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Traktorkauf bei eBay

OGH, Beschluss vom 8.6.2010, 4 Ob 202/09y

ABGB § 922

*****   Zusammenfassung   *****

Der Beklagte bot privat über eBay einen gebrauchten Traktor mit einem Schätzwert von EUR 12.000,-- und einem angegebenen Mangel an; es wurde Gewährleistungsausschluss vereinbart. Tatsächlich hatte der Traktor unter Berücksichtigung diverser Mängel nur einen Wert von EUR 6.650. Der Kläger ersteigerte für EUR 4.020 und begehrte dann die Rückzahlung des Kaufpreises.

Das Erstgericht gab der Klage statt, das Berufungsgericht wies ab.

Der OGH weist die Revision zurück. Ein vertraglicher Verzicht auf Gewährleistungsansprüche ist auch wegen verborgener Mängel zulässig. Im Zweifel ist ein solcher Verzicht jedoch restriktiv auszulegen. Im Übrigen liegt angesichts des Umstands, dass der gekaufte Traktor trotz Mängel wesentlich mehr wert war als der Kläger bezahlte, keine gravierende Äquivalenzstörung zu Lasten des Klägers vor.

*****   Entscheidung   *****

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F***** H*****, vertreten durch Achammer, Mennel, Welte, Achammer, Kaufmann, Rechtsanwälte GmbH in Feldkirch, gegen die beklagte Partei F***** V*****, vertreten durch Mag. Stefan Schlager, Rechtsanwalt in Hollabrunn, wegen 5.179,67 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Berufungsgericht vom 30. April 2009, GZ 21 R 120/09h-84, womit das Urteil des Bezirksgerichts Hollabrunn vom 18. Dezember 2008, GZ 1 C 85/06g-74, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung:

Der Beklagte bot über die Internet-Plattform eBay einen Traktor an, den er wie folgt beschrieb: „... Traktor... Baujahr 1983; … 4300 Betriebsstunden, Probefahren und Besichtigen wäre wünschenswert, beim Kühlerstutzen gehört gelötet. Das sind meiner Meinung nach die einzigen Mängel, TÜV kein Problem.“ Weiters wies der Beklagte auf der Internetseite darauf hin, dass es sich um einen Privatkauf handle und sich der Käufer mit Abgabe eines Gebots ausdrücklich einverstanden erkläre, auf Garantie und Gewährleistung zu verzichten. In der Folge fügte der Beklagte hinzu, dass sich der Traktor in tadellosem Zustand befinde, einem Schätzwert von 12.000 EUR entspreche und ein richtiges Schnäppchen sei. Der Kläger ersteigerte den Traktor um 4.020 EUR. Anlässlich der Abholung des Traktors durch einen Bekannten des Klägers wurden von jenem Probefahrten durchgeführt, wobei der Motor abstarb. Der Beklagte bot daraufhin die einvernehmliche Vertragsauflösung an, der Kläger entschied sich jedoch für dessen Aufrechterhaltung. In der Folge traten diverse Mängel des Traktors zutage, ua Heißwerden des Motors, Kühlwasserverlust, schlechte Motorleistung, undichte Zylinderkopfdichtungen, Beschädigung eines Zylinderkolbens. Der Verkehrswert des Traktors betrug - unter Berücksichtigung der Mängel - 6.650 EUR.

Der Kläger begehrt die Rückzahlung des Kaufpreises samt Spesen. Die Klage stützte er zunächst auf Gewährleistung, Irrtum, laesio enormis, Arglist und Schadenersatz.

Der Beklagte wandte unter anderem den Gewährleistungsverzicht des Klägers ein; im Übrigen sei der Traktor bei seiner Übergabe in funktionstüchtigem bzw tadellosem Zustand gewesen.

Das Erstgericht gab der Klage im zweiten Rechtsgang überwiegend statt. Es liege zwar weder Arglist noch laesio enormis vor, allerdings habe der Beklagte einen wesentlichen Geschäftsirrtum des Klägers dadurch veranlasst, dass er den Traktor als Schnäppchen mit überhöhtem Schätzwert angepriesen habe.

Das Berufungsgericht wies die Klage ab. Dem Kläger sei das Recht eingeräumt worden, Probefahrten durchzuführen, was er auch veranlasst habe. Bei der letzten Probefahrt habe der Traktor funktioniert. Ein wesentlicher Irrtum könne schon deswegen nicht vorliegen, weil der Kläger lediglich 4.020 EUR bezahlt habe, während der Traktor trotz Mängel einen Verkehrswert von 6.650 EUR bzw ohne Mängel einen solchen von 9.400 EUR aufgewiesen habe. Der vereinbarte Gewährleistungsausschluss beziehe sich auch auf geheime Mängel, sodass eine Haftung wegen Gewährleistung auszuschließen sei. Die Revision ließ das Berufungsgericht nachträglich zu, weil seine Entscheidung der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, insbesondere 9 Ob 3/09w, widersprechen könnte. Danach sei ein vertraglicher Ausschluss der Gewährleistung im Privatverkauf nicht generell unumstößlich.

Der Kläger stützt seine Revision nicht mehr auf laesio enormis oder Irrtum, sondern ausschließlich auf Gewährleistung. Bei einem wesentlichen Mangel wie der - zumindest schlüssig vereinbarten - Fahrtüchtigkeit gingen die Gewährleistungsansprüche trotz eines solchen Vorausverzichts nicht verloren.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist in Ermangelung von erheblichen Rechtsfragen iSv § 502 Abs 1 ZPO unzulässig.

1. Kommt der Revisionswerber in seiner Revision auf bestimmte Rechtsgründe oder selbstständige Einwendungen nicht mehr zurück, so sind diese damit aus der sonst umfassenden Beurteilungspflicht des Obersten Gerichtshofs ausgeschieden (vgl RIS-Justiz RS0043338 [T15]).

2. Ein vertraglicher Verzicht auf Gewährleistungsansprüche ist auch wegen verborgener Mängel zulässig. Im Zweifel ist ein solcher Verzicht jedoch restriktiv auszulegen (RIS-Justiz RS0018564 [T9]).

3. Das Berufungsgericht ging davon aus, dass über den beschriebenen Mangel am Kühlerstutzen hinaus keine Mängelfreiheit zugesichert worden sei. Diese Auslegung bekämpft der Kläger; vielmehr seien ein tadelloser Zustand und ein Verkehrswert von 12.000 EUR konkret zugesichert worden.

4. Ob ein Vertrag im Einzelfall richtig ausgelegt wurde, stellt nur dann eine erhebliche Rechtsfrage dar, wenn infolge einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt wurde (RIS-Justiz RS0042936). Dies ist bei Gesamtwürdigung der festgestellten Vertragsumstände nicht der Fall.

5. Der Entscheidung 9 Ob 3/09w lag der Kauf eines Gebrauchtwagens mit einem Zeitwert - ohne Mangel - von ca 6.000 EUR um 7.600 EUR zugrunde. Im Zusammenhang mit den Umständen des Vertragsabschlusses und dem sonstigen Verhalten der Parteien und deren Erklärungen ging der Oberste Gerichtshof in jenem Fall von schlüssig vereinbarter Fahrtüchtigkeit aus.

Die Beurteilung des Berufungsgerichts im vorliegenden Fall, wonach der Beklagte - mangels einer vom tatsächlichen Zustand des Traktors abweichenden Zusage und wegen Gewährleistungsverzichts - Gewähr nicht zu leisten habe, ist - im Ergebnis - vertretbar. Zum einen hatte der Beklagte bestimmte Eigenschaften nicht zugesichert, zum anderen wusste der Kläger nach Vornahme der Probefahrt durch seinen Bevollmächtigten, dass Fehler (Absterben des Motors) vorhanden waren. Dennoch hat er die vom Beklagten angebotene Vertragsauflösung abgelehnt und auf Vertragsabsicherung beharrt und somit den Vertrag (erneut) bekräftigt.

Im Übrigen liegt angesichts des Umstands, dass der gekaufte Traktor trotz Mängel wesentlich mehr wert war als der Kläger bezahlte, keine gravierende Äquivalenzstörung zu Lasten des Klägers vor (vgl 6 Ob 272/05a).

Die Beurteilung des Berufungsgerichts, das eine Haftung des Beklagten aufgrund von Gewährleistung verneint hatte, stellt somit keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende krasse Fehlbeurteilung dar.

Die Revision des Klägers war daher zurückzuweisen.

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