Internet4jurists

jusline

OGH, Beschluss vom 24.2.1998, 4 Ob 36/98t

UWG § 1, § 9, ABGB § 43

*****   Zusammenfassung   *****

Die klagende Jusline GmbH ist seit 1995 Inhaberin der Wortmarke „jusline" und führt seit 1997 auch diese Firmenbezeichnung, bietet aber bereits seit 1995 Internetdienstleistungen unter dem Begriff Jusline an, zuletzt unter jusline.at, .de, .ch, .li, .be und .lu. Sie führt einen Internetdienst in Österreich und anderen europäischen Ländern zur Auswahl von und Kommunikation mit Rechts- und Wirtschaftsberatern (http://www.jusline.at). 1996 ließen sich die Beklagten den Domainnamen „jusline.com" reservieren und verlangten von der Klägerin Geld für die Herausgabe der Domain. Diese klagte auf Unterlassung und Einwilligung in die Löschung der Domain.

Das Erstgericht erließ die Unterlassungs-EV ab, das Rekursgericht wies ab.

Der OGH gibt dem Revisionsrekurs keine Folge und  führt aus, dass die Bezeichnung „jusline" zum Zeitpunkt der Registrierung der Domain nicht Bestandteil der Firma der Klägerin gewesen sei und die Wortmarke keine Verkehrsgeltung gehabt habe (die erforderlich gewesen wäre, weil das Wort keine eigenartige sprachliche Neubildung darstelle), sodass der Begriff nicht unter den Schutz des Markenrechtes und damit § 9 UWG falle. In Analogie zur Rechtsprechung zum Kennzeichenschutz von Fernschreibkennungen, denen Kennzeichenschutz zugesprochen wird, ist die grundsätzliche Kennzeichenfunktion von Domain Namen zu bejahen. Die Wortkombination "jusline" ist eine Neuschöpfung. Ihre Schutzfähigkeit hängt davon ab, ob die beteiligten Verkehrskreise (worunter auch nur bestimmte Fachkreise fallen können) ihren Begriffsinhalt zwanglos und ohne komplizierte Schlussfolgerungen erschließen können und die Wortkombination als beschreibenden Hinweis auf die Art der Tätigkeit des betreffenden Unternehmens verstehen.

*****   Entscheidung   *****

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei JUSLINE GmbH (bis 1. 10. 1997: bONLINE Software GmbH), ***** vertreten durch Dr. Norbert Gugerbauer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) Roland S*****, Geschäftsführer, ***** 2.) Wolfgang M*****, 3.) O***** GmbH, ***** erst- und drittbeklagte Partei vertreten durch Dr. Martin Dellasega und Dr. Lucas Lorenz, Rechtsanwälte in Innsbruck, zweitbeklagte Partei vertreten durch Baier, Böhm, Orator & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung und Löschung (Streitwert im Provisorialverfahren S 500.000.-), infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 7. Oktober 1997, GZ 2 R 189/97d-14, womit infolge Rekurses der beklagten Parteien der Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 29. Juni 1997, GZ 17 Cg 121/97d-4, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher
Sitzung den

Beschluss

gefasst:

1. Die Parteibezeichnung der klagenden Partei wird infolge Firmenänderung mit 2. 10. 1997 richtiggestellt auf "JUSLINE GmbH".

2. Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der drittbeklagten Partei die mit S 21.375.- (darin S 5.937,50 USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung:

Das Internet schafft durch die weltweite Verbindung verschiedener Computersysteme einen virtuellen Raum, der den schnellen Informationsaustausch zwischen sämntlichen Orten dieser Gemeinschaft ermöglicht. Um an der Kommunikation in diesem Netzwerk teilnehmen zu können, benötigt jeder angeschlossene Rechner eine eindeutige Kennung. Diese erfolgt grundsätzlich durch die Zuteilung einer in binärer Form ausgedrückten Ziffernfolge nach Maßgabe des TCP/Internet-Protokolls, die sogenannte Internet- (oder IP-)Nummer. Aus Gründen der Anwenderfreundlichkeit und besseren Merkbarkeit existiert parallel dazu das System der Domain Namen, in dem die anzusteuernden Geräte mit einer - in der Regel aus sich heraus verständlichen - Buchstabenfolge bezeichnet werden. Verlangt man nach einer Verbindung zu einem Computer unter Angabe eines Domain Namens, ermittelt die Software automatisch über das Internet in eigenen Namensverzeichnissen die IP-Nummer und stellt die Verbindung zum gewünschten Informationsangebot her, indem der Internetnutzer in der Regel auf die Leitseite (Hompage) des jeweiligen Anbieters gelangt, von der aus er über ein Inhaltsverzeichnis rasch den gewünschten Bereich des Angebotes erreichen kann.

Jeder Domain Name besteht aus mehreren Teilen (domain levels), die durch Punkte voneinander getrennt sind. Er darf aus maximal 24 Buchstaben bestehen. Grundelement ist die auf der äußerst rechten Seite des Namens erscheinende oberste Organisationsebene (top level domain). Sie gibt zumeist das Land, in dem der Domain Name registriert wurde, an (zB .at für Österreich, .de für Deutschland, .ch für Schweiz, .li für Liechtenstein, .be für Belgien). Links davon kommt zumeist ein Teil, der den Bereich angibt, in dem der Namensinhaber tätig ist (.com bezeichnet kommerzielle, .ac akademische Anbieter). Schließlich folgt der von jedem Anbieter frei wählbare Namensteil. Der ganz linke Teil gibt zumeist die Art des Dienstes an, der angesprochen wird (zB http://www für ein Angebot im world wide web im Hypertextformat, einem wirtschaftlich besonders bedeutenden Teilbereich des Internet). Jeder Domain Name kann in der vollständig identischen Form nur einmal vergeben werden, wird damit doch ein bestimmter Computer am Internet individualisiert. Wer einen Domain Namen verwenden will, muß diesen zuvor beim zuständigen Verwalter registrieren lassen. Die weltweite Vergabe der Domain Namen erfolgt durch die "International Assigned Numbers Authority" (IANA), die die Verwaltung dieser Namen für jedes Land der Welt an einen oder mehrere Verwalter vergeben hat. Die Domain Namen mit .com werden in den USA von den Firmen Network Solution bzw. Internet Network Information Center's Registration Service (InterNIC) verwaltet. Die Vergabe der Domain Namen erfolgt nach dem Prioritätsprinzip ("first come, first served"). Maßgeblich ist das Einlangen des Antrags, in dem der Antragsteller nach bestem Wissen zusichern muß, daß er nicht die Rechte Dritter beeinträchtigt. Die Registrierung und Verwaltung ist gebührenpflichtig. Die Registrierungsstelle nimmt in keiner Weise eine Prüfung bestehender Kennzeichenrechte vor. Die Übertragung eines bereits registrierten Domain Namens bedarf nach den zugrundeliegenden Bedingungen der Registrierungsgesellschaft der Zustimmung des bisherigen Namensinhabers oder der Vorlage eines die Übertragung anordnenden rechtskräftigen Gerichtsurteiles.

Die Klägerin wurde unter dem Namen bONLINE Software GmbH mit Gesellschaftsvertrag vom 19. 6. 1995 errichtet und im Firmenbuch des LG Wels eingetragen. Am 2. 10. 1997 wurde die Änderung der Firma in "JUSLINE GmbH" eingetragen. Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist insbesondere die Entwicklung und Bereitstellung von Internet-Diensten zur Auswahl von und Kommunikation mit Rechts- und Wirtschaftsberatern. Mit Beginn der Schutzdauer vom 23. 6. 1995 ist für die Klägerin in Österreich die Wortmarke "jusline" für folgende Waren und Dienstleistungen registriert: Klasse 9 EDV-Programme (Software) für die Vertrags-, Schriftsatz- und Korrespondenzgestaltung von rechtsberatenden Berufen und Unternehmen; EDV-Programme (Software) für die elektronische Nachrichtenübermittlung, den elektronischen Nachrichtenaustausch und den elektronischen Vertragsabschluß; mit Beginn der Schutzdauer vom 9. 1. 1996 kommt noch dazu Klasse 35 Werbung, Klasse 38 Telekommunikation durch Verbreitung von Informationen und Klasse 42 Rechtsberatung und -vertretung. Darüber hinaus ist die Wortmarke auch international registriert für die Benelux-Staaten, die Schweiz, Tschechien, Deutschland, Spanien, Frankreich, Ungarn, Italien, Liechtenstein, Monaco, Polen und Portugal; eine eigene Registrierung zugunsten der Klägerin besteht auch in Großbritannien.

Die Drittbeklagte ließ zugunsten einer "J***** Informationszentrale, *****" im September 1996 den Domain Namen "http.www.jusline.com" registrieren. Ein Unternehmen mit der genannten Bezeichnung hat sich nicht konstituiert, die Registrierung des Namens erfolgte tatsächlich für die Drittbeklagte. Der Erstbeklagte, der Geschäftsführer der Drittbeklagten ist, scheint im Registrierungsantrag als "administrative contact", der Zweitbeklagte als "technical contact" auf.

Die Klägerin begehrt mit Klage vom 10. 6. 1997, die Beklagten zur Unterlassung der Verwendung der Buchstabenkombination "jusline.com" im geschäftlichen Verkehr als Domain Name im world wibe web des Internets und zur Einwilligung in eine Löschung des Domain Namens "jusline.com", in eventu, in die Löschung der Reservierung dieses Domain Namens, zu verpflichten. Zur Sicherung dieser Ansprüche beantragt sie, den Beklagten zu verbieten, bis zur rechtskräftigen Entscheidung die Bezeichnung "jusline.com" als Domain Name oder Teil darvon im world wide web des Internets zu benutzen und die entgeltliche oder unentgeltliche Abtretung oder Übertragung von Rechten an diesem Domain Namen an Dritte vorzunehmen. Sie bringt dazu vor, seit Ende 1995 im Internet östereichische Rechtsinformationen unter dem Domain Namen "http://www.jusline.co.at/jusline" seit Frühjahr 1996 deutsche Rechtsinformationen unter dem Domain Namen "...jusline.de", seit Herbst 1996 schweizer Rechtsinformationen unter dem Domain Namen "... jusline.ch" und ein Rechtsinformationsangebot für Liechtenstein unter "... jusline.li" anzubieten; ein ähnliches Angebot für Belgien unter der Adresse "... jusline.be" werde vorbereitet, eines für Luxemburg unter dem Namen "... jusline.lu" befinde sich kurz vor dem Start. Die Klägerin unternehme erhebliche Werbeanstrengungen, um ihr Rechtsinformationssystem in der Öffentlichkeit bekannt zu machen. Der Marke "jusline" komme mittlerweile übernationale Verkehrsgeltung zu. Mit Schreiben vom 26. 5. 1997 habe die Klägerin den Erstbeklagten über ihre Markenrechte am Wort "jusline" informiert und zur Übertragung des Domain Namens "http://www.jusline.com" auf die Klägerin aufgefordert. Der Erstbeklagte habe daraufhin lediglich angeboten, den begehrten Domain Namen um S 300.000.- auf die Klägerin überschreiben zu wollen bzw. ihn (bei mindestens zweijähriger Vertragsdauer) der Klägerin um ein monatliches Benützungsentgelt von S 5.000.- zu überlassen. Dieses Antwortschreiben sei auf Briefpapier der Drittbeklagten verfaßt und vom Drittbeklagten als deren Geschäftsführer unterschrieben gewesen. Bei Aufruf des von der Klägerin begehrten Domain Namens werde nur die Homepage der Österreichischen Telecom aufgezeigt. Aus dem erpresserischen Angebot, den von den Beklagten gezielt "gesperrten" Namen gegen Entgelt auf die Klägerin zu übertragen, sei die Gewerbsabsicht der Beklagten klar erkennbar. Der Name "jusline" als Handelsname bzw. Firmenschlagwort sei nach § 43 ABGB geschützt. Die Vorgangsweise der Beklagten verletze auch § 9 UWG und sei sittenwidrig iSd § 1 UWG, da die Beklagten den von der Klägerin erworbenen guten Ruf auszubeuten trachteten. Die Planmäßigkeit des sittenwidrigen Vorgehens der Beklagten werde durch ihr erpresserisches Angebot, aber auch dadurch deutlich, daß die Anmeldung des Domain Namens gerade zu einem Zeitpunkt erfolgt sei, als die Werbeaktivitäten der Klägerin gerade besonders groß gewesen seien.

Die - allein noch am Revisionsrekursverfahren beteiligte - Drittbeklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsantrags. Der strittige Domain Name sei tatsächlich für sie registriert worden. Durch die bloße Registrierung werde aber noch in keine Rechte der Klägerin eingegriffen. Da in der Firma der Klägerin die Bezeichnung "jusline" nicht vorkomme, könne deren Verwendung durch die Drittbeklagte schutzwürdige Interessen der Klägerin auch nicht verletzen. Die Wortmarke "jusline" sei eine Wortkombination, der keine Kennzeichnungskraft zukomme; sie könne markenrechtlichen Schutz nur bei Vorliegen einer Verkehrsgeltung beanspruchen, die nicht gegeben sei. Unter dem angegebenen Domain Namen würden keine Rechtsinformationen angeboten, ein solches Angebot sei auch nicht in Planung, sodaß eine Nutzung im geschäftlichen Verkehr iS des § 9 UWG nicht vorliege.

Das Erstgericht erließ die einstweilige Verfügung. Es hielt für bescheinigt, daß sich die Beklagten den Domain Namen "jusline.com" im September 1996 hätten registrieren lassen. Es beurteilte die Bezeichnung "jusline" als eigenartige sprachliche Wortschöpfung, die grundsätzlich unterscheidungskräftig iSd MSchG und des UWG sei; da zwischen den Domain Namen "jusline.co.at" und "jusline.com" Verwechslungsgefahr bestehe, sei die ältere Marke der Klägerin vor dem später registrierten Domain Namen der Beklagten zu schützen.

Das Rekursgericht wies den Provisorialantrag ab. Es hielt abweichend vom Erstgericht für bescheinigt, daß die Klägerin seit zumindest Ende 1996 im Internet Rechtsinformationen unter der Bezeichnung "jusline" anbiete und dafür zumindest 1997 auch in zwei deutschsprachigen Zeitungen mittels Inseraten geworben habe; die Registrierung des strittigen Domain Namens sei nur für die Drittbeklagte erfolgt, der Zweitbeklagte habe mit dem Antrag nichts zu tun gehabt und sei nur für die Betreuung eines Rechenzentrums seines Arbeitgebers zuständig, über welches Internet-Dienstleistungen für Dritte erbracht werden. Die Wortkombination "jusline" bilde keine eigenartige sprachliche Neubildung, die geeignet sei, auf ein bestimmtes Unternehmen hinzuweisen und dieses von anderen zu unterscheiden, weshalb die Klägerin hiefür Markenschutz nur unter der Bedingung der Verkehrsgeltung in Anspruch nehmen könnte; auf Verkehrsgeltung im Prioritätszeitpunkt habe sich die Klägerin nicht berufen und auch spätere Verkehrsgeltung nicht bescheinigt. Ein Anspruch nach § 1 UWG scheitere schon am Fehlen eines Handelns der Beklagten zu Zwecken des Wettbewerbes, da diese keine vergleichbaren Dienstleistungen im Internet anböten. Die Bezeichnung einer Dienstleistung sei auch nicht schutzfähig nach § 43 ABGB. Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000.- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs mangels höchstgerichtlicher Rechtsprechung zur Frage der Schutzfähigkeit von Domain Namen zulässig sei.

Rechtssatz

Nur gegen die Abweisung des Provisorialantrages gegen die Drittbeklagte richtet sich der Revisionsrekurs der Klägerin. Er ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Die Frage, ob Domain Namen überhaupt als Kennzeichen oder Namen dienen, wird in der österreichischen Literatur einhellig bejaht: Mayer-Schönberger/K. Hauer (Kennzeichenrecht & Internet Domain Namen, ecolex 1997, 947ff) führen aus, daß ein Domain Name, der einen bestimmten Computer am Internet individualisiert, zwar primär weder eine natürliche oder juristische Person identifiziere, noch würden damit in der Regel Waren oder Dienstleistungen bezeichnet; im Unterschied zu Telefonnummern seien Domain Namen aber frei wählbar und keine zwingenden Ziffernkombinationen, sondern Worte mit einem aus ihnen selbst erschließbaren Bedeutungskern. Sie würden von ihren Benutzern daher so gewählt, daß sie auf die eigene Firma oder Produktbezeichnung hinwiesen, womit ihnen über die Adressierungsfunktion auch eine Identifizierungsfunktion zukomme. In Analogie zur Rechtsprechung zum Kennzeichenschutz von Fernschreibkennungen, denen (so sie an die Unternehmensbezeichnung angelehnt sind) Kennzeichenschutz zugesprochen wird, sei daher die grundsätzliche Namens- und Kennzeichenfunktion von Domain Namen zu bejahen. Auch Kucsko (Internetomania und andere Entwicklungen, ÖBl 1997, 209) argumentiert in Anlehnung an die Judikatur zu Telegrammadressen dahin, daß Domain Namen Namensfunktion haben (ähnlich zur deutschen Literatur vgl. Kur, Namens- und Kennzeichenschutz im Cyberspace, CR 1996, 590ff; Bücking, Internet Domains - Neue Wege und Grenzen des bürgerlich-rechtlichen Namensschutzes, NJW 1997, 1886ff). Der erkennende Senat hält die in der literarischen Diskussion aufgezeigten Argumente für eine Gleichbehandlung der Domain Namen zumindest mit Unternehmenskennzeichnungen für zutreffend; ob diese auch unter dem namensrechtlichen Schutz des § 43 ABGB stehen, muß hier nicht entschieden werden (bejahend LG Mannheim 8. 3. 1996 CR 1996, 353 zur Bestimmung des § 12 BGB, gegen die verstoße, wer den Domain Namen "heidelberg.de" ohne Zustimmung der Stadt Heidelberg benutze).

Die Klägerin vertritt die Meinung, die Wortkombination "jusline" sei eine schutzfähige sprachliche Neubildung, da sie nicht nur beschreibenden Charakter besitze und damit unterscheidungskräftig im Sinne des Markenrechtes sei.

Auf Grund der Registrierung einer Wortmarke ohne Verkehrsgeltungsnachweis (Gegenteiliges wurde von der Klägerin nicht behauptet) kann nur dann wettbewerbsrechtlicher Schutz nach § 9 Abs 3 UWG in Anspruch genommen werden, wenn es sich um ein frei erfundenes, keiner Sprache angehöriges Phantasiewort oder um ein Wort handelt, das zwar dem allgemeinen Sprachgebrauch angehört, jedoch mit der Ware (Dienstleistung), für die es bestimmt ist, in keinem Zusammenhang steht; entscheidend ist dabei, ob das Wort im Verkehr als Phantasiebezeichnung aufgefaßt wird (ÖBl 1992, 221 - Profi mwN; ÖBl 1993, 99 - "SMASH"). Die Wortkombination "jusline" ist eine Zusammensetzung des lateinischen Wortes "jus" (Recht) mit dem englischen Wort "line" (u.a. Datenleitung) und damit grundsätzlich eine Neuschöpfung. Ihre Schutzfähigkeit hängt demnach davon ab, ob die beteiligten Verkehrskreise (worunter auch nur bestimmte Fachkreise fallen können) ihren Begriffsinhalt zwanglos und ohne komplizierte Schlußfolgerungen erschließen können und die Wortkombination als beschreibenden Hinweis auf die Art der Tätigkeit des betreffenden Unternehmens verstehen (ÖBl 1982, 158 - Promotions; ÖBl 1993, 99 - "SMASH"; ÖBl 1996, 143 - PLUS; ÖBl 1997, 225 - BOSS-Energydrink). Im vorliegenden Zusammenhang ist daher darauf abzustellen, welche Bedeutung der durchschnittliche Internet-Benutzer (nur an diesen richtet die Klägerin ihr Angebot unter der Bezeichnung "jusline") dieser Wortkombination beimißt.

Gerade in der Fachsprache des Internet kommt dem englischen Wort "line" im Sinne von Verbindung oder Datenleitung in vielfältigen Zusammensetzungen überragende Bedeutung zu: man ist online; benützt eine infoline oder serviceline; wählt eine hotline an; bekommt Hilfestellung durch eine helpline; informiert sich mittels einer newsline. Wird nun diesem allgemein bekannten Fachbegriff aus der Computer- bzw. Telekommunikationssprache das durchaus geläufige lateinische Wort für "Recht" vorangestellt, wird damit zwangsläufig und ohne besondere Denkarbeit für Internet-Benutzer die naheliegende Assoziation ausgelöst, jusline stelle eine Verbindung zum Abruf rechtlicher Inhalte her. Die unter diesem Begriff angebotenen Dienstleistungen der Klägerin werden damit ihrer Art nach hinreichend deutlich beschrieben (und von anderen Informationsangeboten, etwa unter der Bezeichnung medline, artline, sexline uä, abgegrenzt), was die Registrierbarkeit dieses nur aus beschreibenden Wortteilen zusammengesetzten Begriffes als Marke erst im Falle der Verkehrsgeltung ermöglicht (ÖBl 1994, 124 - Eurostock). Daß die Wortneubildung aus zwei verschiedenen Fremdsprachen resultiert, bedeutet zwar eine gewisse Originalität, zwingend kann daraus aber eine Schutzfähigkeit des so gebildeten neuen Wortes nicht abgeleitet werden (PBl 1983, 189 - Jet tours). Ob der Begriff "jusline" allenfalls im Rahmen der Klassen 35 und 38 (Werbung und Telekommunikation) als Wortmarke geschützt werden kann, bleibt auf den hier zu beurteilenden Sachverhalt ohne Einfluß, da eine Tätigkeit der Klägerin in den genannten Wirtschaftsbereichen nicht einmal behauptet worden ist. Dem Rekursgericht ist daher darin beizupflichten, daß schon mangels Bescheinigung einer Verkehrsgeltung der von der Klägerin benützte Begriff "jusline" nicht unter den Schutz des Markenrechtes und damit des § 9 UWG fällt. Ob die Drittbeklagte allein durch Registrierung des strittigen Domain Namens, wenn bei dessen Anwählen nur eine Hompage der Österreichischen Telecom erreicht wird, diesen im geschäftlichen Verkehr benützt, braucht damit nicht näher geprüft zu werden (diese Frage bejahend: Nordemann, Internet-Domains und zeichenrechtliche Kollisionen, NJW 1997, 1891ff, 1893).

Soweit die Klägerin einen Verstoß gegen § 1 UWG darin erblickt, daß sich die Drittbeklagte einen für die Klägerin geschützten Markennamen als Domain Name mit dem Vorsatz habe registrieren lassen, ihn sich von der Klägerin teuer wieder abkaufen zu lassen, erhebt sie insoweit den Vorwurf des "Domain-Grabbing". Darunter wird der gezielte Erwerb eines Domain Namens durch einen Gewerbetreibenden in der Absicht verstanden, die bereits mit erheblichem Aufwand betriebenen Bemühungen eines Konkurrenten zu sabotieren, die entsprechende Bezeichnung als geschäftliche Kennzeichnung für die eigene Tätigkeit im Verkehr durchzusetzen bzw. die solcherart erlangte Position auf Kosten des anderen zu vermarkten (Kur, Internet Domain names, in CR 1996, 325ff, <330>; Bücking aaO 1887; Mayer-Schönberger/Hauer aaO 949). Die Klägerin hat dazu im Verfahren erster Instanz nur vorgebracht, sie habe mit dem als Bezeichnung ihrer Dienstleistungen dienenden Begriff "jusline" bereits einen guten Ruf erworben, dieser Begriff sei markenrechtlich geschützt, habe Verkehrsgeltung und bedeute für sie den "natürlichsten" Domain Namen, dessen Verwendung durch die Klägerin die Beklagten von der Berichtigung erpresserischer Forderungen abhängig machten. Einen Vorwurf des Inhalts, die Drittbeklagte hätte bereits bei Erwerb des strittigen Domain Namen in Behinderungsabsicht gehandelt, erhebt die Klägerin nicht, sodaß von Domain-Grabbing im oben dargestellten Sinn nicht gesprochen werden kann. Ist aber nicht bescheinigt, daß die die Bezeichnung "jusline" Verkehrsgeltung für die von der Klägerin angebotenen Dienstleistungen besitzt, und war dieses Wort auch zum Zeitpunkt der Registrierung des Domain Namens nicht Teil der Firma der Klägerin, fehlt es an einem schutzwürdigen Interesse der Klägerin, die unentgeltliche Übertragung eines von einem Dritten registrierten Domain Namens auf sie zu begehren. Der Vorwurf eines sittenwidrigen Behinderungswettbewerbes kann in einem solchen Fall daher nicht allein darauf gestützt werden, daß sich die Drittbeklagte nur gegen Bezahlung bereiterklärt, einen auf sie zugelassenen Domain Namen auf die Klägerin zu übertragen.

Dem Revisionsrekurs war deshalb auch unter diesem Aspekt ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 41, 50 ZPO.

Die Richtigstellung der Parteienbezeichnung der Klägerin findet ihr Begründung in § 235 Abs 5 ZPO.

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