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E-Mail-Bestandteil "win" als Unternehmenskennzeichen

OGH, Beschluss vom 11.8.2005, 4 Ob 59/05p

UWG § 9

*****   Zusammenfassung   *****

Die Klägerin ist u.a. Medieninhaberin und Herausgeberin der Zeitschrift "Wirtschaftsnachrichten Süd", für die fallweise auch die Kurzbezeichnung "WIN Süd" gebräuchlich war, ohne dass diese Bezeichnung Verkehrsgeltung erlangt hätte. Sie verwendete auch die E-Mail-Adressen "winsued@kompetenz.at" und "win1@kompetenz.at". Der Zweit- und der Drittbeklagte schieden Ende 2003 als leitende Angestellte der Klägerin aus und gründeten die Erstbeklagte, die in der Folge das Magazin "win. Magazin für Wirtschaft und Erfolg", ausgehend von der Bedeutung des englischen Wortes "win". Sie registrierten diesen Titel auch als Marke.

Das Erstgericht wies das Unterlassungsbegehren ab, das Rekursgericht bestätigte.

Der OGH gab dem Revisionsrekurs Folge und erließ die Unterlassungs-EV. Die schlagwortartige Abkürzung eines Zeitschriftentitels (hier: „WIN“ und „WIN Süd“ für „Wirtschaftsnachrichten Süd“) ist nach § 9 Abs 1 UWG geschützt, wenn sie in Alleinstellung gebraucht wird und so unterscheidungskräftig ist, dass sie geeignet ist, als Name zu wirken. Dafür reicht die Verwendung als E-Mail Adresse (hier: „winsued@kompetenz.at" und „win1@kompetenz.at") aus.

Anmerkung:

1. Die Entscheidung unterliegt leider einem zentralen Irrtum. Die Bezeichnung "winsued" hat rein gar nichts mit einer Domain zu tun. Es handelt sich dabei um eine beliebige Userbezeichnung, die im Gegensatz zu einer Domain auch hunderttausendfach verwendet werden kann und verwendet wird. Man denke nur an die Standardbezeichnung "office" für die E-Mail-Anschrift des Sekretariats eines Unternehmens.  Die ganzen Ausführungen zur Internet-Domain gehen daher ins Leere.
2. Letztlich bedeutet die Entscheidung, dass die Verwendung einer Bezeichnung als Teil einer E-Mail-Adresse einen kennzeichenmäßigen Gebrauch im geschäftlichen Verkehr begründet, der zum Schutz nach § 9 UWG führen kann. Wenn sich das herumspricht,  dann Gnade den Gerichten! Als nächste Steigerung genießen dann die Spitznamen der Angestellten Kennzeichenschutz!
3. Der Unterlassungsanspruch hätte schon an der Unterscheidungsfähigkeit scheitern müssen. Bei einem Zeitschriftentitel "win. Magazin für Wirtschaft und Erfolg" denkt man automatisch an die Wortbedeutung "gewinnen" und nicht an die kaum gebräuchliche Abkürzung einer unbekannten Zeitung (WIN für Wirtschaftsnachrichten); das ergibt sich insbesondere auch schon aus der Kleinschreibung. Derartige Unterschutzstellungen bewirken eine Monopolisierung von Allerweltsbegriffen, noch dazu in dem Sinn, dass weit entfernt liegende Wortbedeutungen zu Lasten der gängigen geschützt werden.
4. Die Entscheidung führt zu enormer Rechtsunsicherheit. Ein Unternehmen, das ein neues Kennzeichen einführen will, müsste überprüfen, ob nicht irgendein anderes Unternehmen in der Branche eine E-Mail-Adresse führt, die den Begriff enthält, was faktisch unmöglich ist.

*****   Entscheidung   *****

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß als Vorsitzende und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Gitschthaler als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Martin Piaty und andere Rechtsanwälte in Graz, gegen die beklagten Parteien 1. w***** OEG, 2. Martin S*****, und 3. Horst F*****, vertreten durch Kaufmann & Pratl Rechtsanwälte OEG in Graz, wegen Unterlassung, Feststellung, Beseitigung, Schadenersatz und Veröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 42.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Klägerin gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz vom 26. Jänner 2005, GZ 6 R 213/04x-17, mit dem der Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 8. September 2004, GZ 10 Cg 18/04i-13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird Folge gegeben. Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie zu lauten haben:

„Einstweilige Verfügung

Zur Sicherung des Anspruchs der Klägerin gegen die Beklagten auf Unterbleiben wettbewerbswidriger Handlungen, worauf die Unterlassungsklage gerichtet ist, wird den Beklagten aufgetragen, es ab sofort und bis zur Rechtskraft des über die Unterlassungsklage ergehenden Urteils zu unterlassen, im Gebiet der Bundesländer Steiermark und Kärnten bei Herausgabe, Vertrieb und Bewerbung von Zeitschriften den Titel „win.", in welcher Schreibweise immer, allein oder als Bestandteil eines zusammengesetzten Titels, oder verwechselbar ähnliche Titel zu verwenden und/oder verwenden zu lassen."
Die Klägerin hat ihre Kosten des Sicherungsverfahrens vorläufig, die Beklagten ihre Kosten des Sicherungsverfahrens endgültig selbst zu tragen.

Begründung:

Die Klägerin ist Medieninhaberin und Herausgeberin unter anderem der Zeitschrift „Wirtschaftsnachrichten Süd", einem unabhängigen Wirtschaftsmagazin, dessen Inserenten- und Leserschwerpunkt in Südösterreich liegt ist und das seit 8 Jahren auf dem Markt ist. Im Hinblick auf die Länge des Zeitschriftentitels wurde in den an mögliche Interessenten versandten Verkaufsunterlagen bzw „Mediadaten" von 1997 bis 2000 mehrfach mit Bedacht und auch isoliert die Abkürzung „WIN Süd" als Produktbezeichnung verwendet. In den „Mediadaten" 2001, 2003 und 2004 findet sich diese Abkürzung allerdings nicht mehr.

Seit 1998 werden in den „Mediadaten" die E-Mail-Adressen mit „winsued@kompetenz.at" und „win1@kompetenz.at" angegeben. Vor allem die mit dem Anzeigenverkauf befassten Mitarbeiter der Klägerin verwenden seit Jahren die Abkürzung „WIN Süd", vereinzelt auch „WIN", nicht nur redaktionsintern, sondern auch in der Geschäftskorrespondenz mit Kunden. Fallweise übernahmen auch Inserenten diese Bezeichnung für die „Wirtschaftsnachrichten Süd". Es steht allerdings nicht fest, dass auf Grund des Gebrauchs dieser Abkürzung zumindest ein beträchtlicher Teil der im Wirtschaftsraum Süd (Steiermark und Kärnten) an der Schaltung von Inseraten Interessierten die „Wirtschaftsnachrichten Süd" als „WIN" oder „WIN Süd" kennen und diese Bezeichnungennur dem Unternehmen der Klägerin zuordnen würden.

Der Zweit- und der Drittbeklagte sind persönlich haftende und geschäftsführende Gesellschafter der Erstbeklagten. Der Zweitbeklagte war von 15. Jänner 2001 bis 31. Dezember 2003 Chefredakteur, der Drittbeklagte vom 16. August 2000 bis 31. Dezember 2003 Leiter der Anzeigenabteilung der „Wirtschaftsnachrichten Süd". Beide haben ihre Dienstverhältnisse zur Klägerim zum 31. Dezember 2003 gekündigt.

Die Erstbeklagte ist Medieninhaberin, Herausgeberin und Verlegerin des Magazins „win. Magazin für Wirtschaft und Erfolg". Dieser Titel wurde am 7. Jänner 2004 zu GZ AM 42/2004 vom Österreichischen Patentamt für die Klasse 16 zur Registrierung als Wort- und Bildmarke angemeldet. Das Magazin ist - wie die „Wirtschaftsnachrichten Süd" - ein Vierfarbmagazin in DIN-A4-Format und seit Februar 2004 auf dem Markt. Den Titel für das Magazin fanden die Beklagten in einer Art „Brainstorming"; maßgeblich für ihre Entscheidung für „win." waren die Kürze und die grafische Umsetzbarkeit dieser Bezeichnung sowie die damit verbundenen positiven Assoziationen mit dem Begriff „Gewinn" und dem englischen Wort „Win". Die Tatsache, dass für die „Wirtschaftsnachrichten Süd" intern wie extern die Bezeichnung die Abkürzung „WIN Süd" bzw „WIN" verwendet wurde und wird, war den Gesellschaftern der Erstbeklagten zwar bekannt, wurde von ihnen bei der Titelwahl jedoch weder erörtert noch berücksichtigt.

Der Zweit- und der Drittbeklagte kopierten noch im Dezember 2003 die rund 24.000 Einträge umfassende Verteilerdatei sowie die 2.000 Einträge umfassende Kundendatei der „Wirtschaftsnachrichten Süd" und verwendeten sie in weiterer Folge für ihre Geschäftstätigkeit im Zusammenhang mit der Herausgabe des „win. Magazin für Wirtschaft und Erfolg". Diesbezüglich behing gegen die beiden ein Strafverfahren vor dem Landesgericht für Strafsachen Graz. In weiterer Folge zog die Klägerin allerdings die Privatanklage zurück, nachdem die Beklagten einen Unterlassungsvergleich angeboten hatten und die Daten auf den Datenträgern und dem Computer der Beklagten gelöscht worden waren.

Die Klägerin begehrte zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs, den Beklagten bei Herausgabe, Vertrieb und Bewerbung von Zeitschriften in der Steiermark und in Kärtnen die Verwendung des Titels „win." oder eines verwechselbar ähnlichen Titels zu verbieten, und zwar allein oder als Bestandteil eines zusammengesetzten Titels. Des Weiteren sollte den Beklagten die Nutzung und/oder Verwertung der beiden erwähnten Datenbanken, und zwar insbesondere durch Abrufhaltung und Verwendung für eigene Zwecke, Vervielfältigung und Verbreitung verboten werden. Zwischen den Parteien bestehe ein Wettbewerbsverhältnis. Die Beklagten verstießen durch die Verwendung des Titels „win." gegen § 43 ABGB sowie §§ 1, 9 UWG. „WIN Süd" sei eine Abkürzung mit individualisierender Namensfunktion und genieße als solche Schutz. Es bestehe Verwechslungsgefahr zwischen den beiden Titeln und damit für die Klägerin die Gefahr des Verlusts von Kunden und Inserenten. Die Klägerin habe für die Abkürzung „WIN Süd" Verkehrsgeltung erlangt. Die Beklagten nützten die Gütevorstellungen, die Inserenten mit „WIN Süd" verbänden, aus, indem sie sich mit dem Titel „win. Magazin für Wirtschaft und Erfolg" in sittenwidriger Weise an die Klägerin anhängten und ihren Ruf ausbeuteten. Dazu hätten sie auch die Verteiler- und Kundendateien verwendet. Letzteres verstoße nicht nur gegen §§ 1, 11 UWG, sondern auch gegen §§ 40c, 76c und 76d UrhG.

Die Beklagten beantragten, den Sicherungsantrag abzuweisen. Die Klägerin habe für „WIN Süd" keine Verkehrsgeltung erlangt, es bestehe auch keine Verwechslungsgefahr, weil für potenzielle Inserenten persönliche Kundenbeziehungen und die Person des Anzeigenverkäufers überragende Bedeutung hätten. Die Inserenten verfügten über überdurchschnittliche Informationen und Kenntnisse, sodass auch keine Rufausbeutung erfolgt sei. Die Kunden- und die Verteilerdateien seien bereits gelöscht worden.

Das Erstgericht verbot den Beklagten - insoweit rechtskräftig - die Nutzung und/oder Verwertung der beiden Datenbanken, wies jedoch im Übrigen den Sicherungsantrag ab. „WIN Süd" sei weder Bestandteil noch schlagwortartige Abkürzung der Firma der Klägerin, sondern Abkürzung des Titels eines ihrer Druckwerke. Ein Schutz nach § 43 ABGB und § 9 Abs 1 UWG komme daher nicht in Betracht. Der Schutz von Produktbezeichnungen nach § 9 Abs 3 UWG setze Verkehrsgeltung voraus, die aber nicht festgestellt habe werden können. § 1 UWG schließlich dürfe nicht dazu dienen, die Grenzen des kraft Verkehrsgeltung gewährten kennzeichenrechtlichen Schutzes ohne Weiteres zu unterlaufen; die verwerfliche Absicht, Verwechslungen herbeizuführen oder den Ruf der Klägerin wettbewerbsbehindernd zu beeinträchtigen oder auszunutzen, sei den Beklagten „nicht zu attestieren".

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der Entscheidungsgegenstand 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Es teilte die Rechtsmeinung des Erstgerichts zu § 43 ABGB und § 9 Abs 1 bzw 3 UWG. Auch einen Verstoß gegen § 1 UWG hielt es im Hinblick auf die Feststellungen des Erstgerichts zu den fehlenden verwerflichen Absichten der Beklagten nicht für gegeben. Es sei der Klägerin zwar zuzugestehen, dass in der Mitnahme von Daten aus der Verteiler- und der Kundendatei durch den Zweit- und den Drittbeklagten ein wettbewerbswidriges Verhalten zu sehen sei. Nicht jede Wettbewerbshandlung der Gesellschafter und Geschäftsführer der Erstbeklagten sei jedoch sittenwidrig. Da trotz des Gebrauchs der Abkürzung „WIN Süd" nicht zumindest ein beträchtlicher Teil der im Wirtschaftsraum Süd (Steiermark und Kärnten) an der Schaltung von Inseraten Interessierten die „Wirtschaftsnachrichten Süd" als „WIN" oder „WIN Süd" kenne und nur dem Unternehmen der Klägerin zuordne, indiziere die Wahl des Titels „win. Magazin für Wirtschaft und Erfolg" durch die Beklagten auch nicht deren Absicht, Verwechslungen herbei zu führen. Sittenwidrigkeit der Titelwahl durch Rufausbeutung liege daher nicht vor.

Rechtssatz

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Klägerin ist zulässig und auch berechtigt.

Die Klägerin strebt in diesem Verfahren Schutz für die von ihr seit Jahren verwendeten Bezeichnungen „WIN Süd" bzw „WIN" an. Sie stützt sich dabei unter anderem auch auf § 43 ABGB.

Nach ständiger Rechtsprechung (4 Ob 320/99h = SZ 72/207 - ORTIG.AT mwN; RIS-Justiz RS0113105) haben Internet-Domains, die einen Namen enthalten oder namensmäßig anmuten, Kennzeichnungs- und Namensfunktion; sie fallen demnach unter den Schutz des § 43 ABGB. Ein Domain-Name identifiziere einen bestimmten Computer im Internet. Der Internetbenutzer wolle aber regelmäßig nicht mit einem beliebigen Computer, sondern mit dem dahinter stehenden Subjekt Verbindung aufnehmen. Der Domain-Name eröffne diesen Zugang zu einem wie auch immer gearteten Subjekt, das auf diesem Weg erreichbar sein wolle, um den Austausch von Informationen zu ermöglichen. Es liege deshalb in seinem Wesen, dass er einmalig sei und einmalig sein müsse. Er sei die einzige Möglichkeit, den Teilnehmer als Subjekt im Internet anzusteuern und ihn in seiner Identität zu fassen.

Der erkennende Senat hat weiters ausgesprochen, dass Internet-Domains auch als Adresse von E-Mails eine kennzeichnende Funktion besitzen (4 Ob 101/02k = wbl 2003/22 [Thiele] - INET.AT; Graschitz, Kennzeichenmäßiger Gebrauch durch Domainregistrierung, ecolex 2003, 38). Sie genießen damit Schutz nach § 9 Abs 1 UWG (Thiele, aaO). Durch die Verwendung der Domain als E-Mail-Adresse erbringt der Domaininhaber den Kunden gegenüber seine Dienstleistungen erkennbar unter jenem Zeichen. Dabei ist die Art der Verwendung der E-Mail-Adresse als „Alias-Adresse" oder ob die Domain als Zusatz der Adresse für Mail-Zustellungen an Kunden mitgeteilt wird oder ob die an die Mail-Adresse eines Kunden gerichtete E-Mail unmittelbar, ohne dass dies nach außen in Erscheinung tritt, auf die unter der Domain betriebene E-Mail-Adresse weitergeleitet wird, ohne rechtliche Bedeutung (Graschitz aaO).

Im vorliegenden Verfahren hat nun das Erstgericht festgestellt, dass die Klägerin seit 1998 die E-Mail-Adressen „winsued@kompetenz.at" und „win1@kompetenz.at" verwendet. Sie tritt daher - jedenfalls unter anderem - im Zusammenhang mit ihrer Zeitschrift „Wirtschaftsnachrichten Süd" unter dieser Bezeichnung im Internet auf. Auch wenn sie dabei die Bezeichnung „WIN Süd" bzw „WIN", deren Schutz sie anstrebt, nicht als Teil der Internet-Domain, sondern (lediglich) als Teil der E-Mail-Adressen verwendet, ändert dies nichts an der kennzeichnenden Funktion der E-Mail-Adresse. Durch diese wird die Klägerin bei ihrem Internetauftritt individualisiert. Gerade die E-Mail-Adresse eröffnet Internetbenutzern Zugang zur Klägerin, die auf diesem Weg erreichbar sein will, um den Austausch von Informationen zu ermöglichen. Die Klägerin verwendet sie zur Erbringung von Internet-Dienstleistungen.

Damit sind aber die von der Klägerin verwendeten E-Mail-Adressen bzw deren Bestandteile grundsätzlich schutzfähig im Sinne des § 9 Abs 1 UWG.

Da der Titel des Magazins „win. Magazin für Wirtschaft und Erfolg" erst am 7. Jänner 2004 als Wort- und Bildmarke zur Registrierung angemeldet wurde und das Magazin seit Februar 2004 auf dem Markt ist, kommt den von der Klägerin verwendeten E-Mail-Adressen Priorität zu. Diese ist bei der Kollision mehrerer Kennzeichenrechte grundsätzlich entscheidend (4 Ob 221/02g = ecolex 2003/146 [Schanda] - INVESCO; 4 Ob 103/03f = ÖBl 2003/65 [Fallenböck] - CENTRO-HOTELS.COM). Die von der Klägerin verwendeten E-Mail-Adressen enthalten - wie schon erwähnt - den Wortbestandteil „winsued" bzw „win". Bestandteile des Kennzeichens sind nach § 9 Abs 1 UWG geschützt, wenn sie Unterscheidungskraft (Kennzeichnungskraft) besitzen. Sie müssen etwas Besonderes, Individuelles an sich haben, das sich schon ihrer Art nach dazu eignet, ihren Träger von anderen Personen oder Unternehmen zu unterscheiden. Sowohl für die besondere Bezeichnung eines Unternehmens (§ 9 Abs 1 UWG) als auch für Bestandteile einer Firma als Firmenschlagwort gelten dabei die gleichen Grundsätze wie im Markenrecht (zuletzt 4 Ob 277/04w - POWERFOOD mwN). Bei Prüfung der Frage, ob einer bestimmten Buchstabengruppe Unterscheidungskraft zukommt, ist in erster Linie darauf abzustellen, ob ein konkreter Grund vorliegt, aus welchem diese Buchstabengruppe zur Kennzeichnung einer bestimmten Ware oder Dienstleistung keinesfalls geeignet ist (4 Ob 145/99y = ÖBl 1999, 26 - ASP; 4 Ob 278/04t - GFB).

„WIN Süd" bzw „winsued" lässt sich nun einerseits zwanglos als Abkürzung für „Wirtschaftsnachrichten Süd" erkennen. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass das Wort „win" zwar in Österreich allgemein als das englische Wort für „gewinnen" oder „Gewinn" bekannt ist, sich daraus aber nicht die mangelnde Unterscheidungskraft dieses Zeichens als Zeitschriftentitel ergibt. Diese Bezeichnung hat als Name einer Zeitschrift in keiner Weise beschreibenden Charakter; vielmehr handelt es sich dabei um eine durchaus originelle und phantasievolle Bezeichnung, deren Unterscheidungskraft offenkundig ist. Die Beklagte haben ja selbst diesen Titel gewählt, weil sie sich davon eine entsprechende Anziehungskraft erwartet haben (vgl zu einem insofern vergleichbaren Sachverhalt 4 Ob 330/97a = ÖBl 1998, 246 - GO). Ist aber die Unterscheidungskraft zu bejahen, dann kommt es nicht darauf an, ob die Klägerin mit diesem Zeichen Verkehrsgeltung oder auch nur Verkehrsbekanntheit erlangt hat. Das Recht auf den Schutz dieser Bezeichnung entstand für die Klägerin mit dem Gebrauch dieser unterscheidungskräftigen Bezeichnung (4 Ob 101/02k - INET.AT).

Die Parteien wenden sich im Wesentlichen an dieselben Verkehrskreise im selben geografischen Raum. Bei den von ihnen herausgegebenen Magazinen handelt es sich um Wirtschaftsmagazine. Der Wortbestandteil „win." im prioritätsjüngeren Titel des Magazins der Beklagten weicht allein durch den Punkt vom unterscheidungskräftigen Kennzeichenbestandteil „winsued" bzw „win" der Klägerin ab, was nur bei genauerer Betrachtung auffällt. Dies lässt aber an einen Zusammenhang wirtschaftlicher oder organisatorischer Natur der beiden Magazine bzw der sie herausgebenden Parteien denken, womit Verwechslungsgefahr (im weiteren Sinn) begründet wird (4 Ob 278/04t - GFB). Der Unterlassungsanspruch der Klägerin ist daher berechtigt. Dem Sicherungsantrag war stattzugeben.

Die Entscheidung über die Kosten der Klägerin beruht auf § 393 Abs 1 EO; jene über die Kosten der Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 40, 50 ZPO.

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