Zivilprozessordnung - Auszug

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Gesetz vom 1. August 1895, über das gerichtliche Verfahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten (Civilprocessordnung). StF: RGBl. Nr. 113/1895 idF BGBl. I Nr. 128/2004, 151/2004, 120/2005, 164/2005 und 7/2006

§§   40  41  42  43  44  45  45a  46  47  48  50  51  52  53  54  54a  55  56  57  58  59  60  61  62  63  64  64a  64b  65  66  67  68  69  70  71  72  73... 303  304  305  306  307  308  309  310  311  312  313  314  315  316  317  318  319

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Fünfter Titel.

Processkosten.

§ 40. (1) Jede Partei hat die durch ihre Processhandlungen verursachten Kosten zunächst selbst zu bestreiten. Die Kosten solcher gerichtlicher Handlungen, welche von beiden Parteien gemeinschaftlich veranlasst oder vom Gerichte im Interesse beider Parteien auf Antrag oder von amtswegen vorgenommen werden, sind von beiden Parteien gemeinschaftlich zu bestreiten.

(2) Inwieferne den Parteien ein Anspruch auf Ersatz der von ihnen bestrittenen Kosten zusteht, ist, soweit dieses Gesetz nicht besondere Anordnungen enthält, nach den Bestimmungen dieses Titels zu beurtheilen.

§ 41. (1) Die in dem Rechtsstreite vollständig unterliegende Partei hat ihrem Gegner, sowie dem diesem beigetretenen Nebenintervenienten alle durch die Processführung verursachten, zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsvertheidigung nothwendigen Kosten zu ersetzen. Welche Kosten als nothwendig anzusehen sind, hat das Gericht bei Feststellung des Kostenbetrages ohne Zulassung eines Beweisverfahrens nach seinem von sorgfältiger Würdigung aller Umstände geleiteten Ermessen zu bestimmen.

(2) Soweit das Maß der Entlohnung des Rechtsanwalts oder sonst die Höhe der Kosten durch Tarife geregelt ist, hat die Feststellung des Kostenbetrages nach diesen Tarifen zu geschehen.

(3) Die Vorschriften des ersten Absatzes gelten insbesondere auch hinsichtlich der Kosten, welche durch die Zuziehung eines nicht am Sitze des Processgerichtes oder des ersuchten Richters wohnenden Rechtsanwalts entstanden sind. Die Kosten, welche dadurch verursacht wurden, dass für die nämliche Partei mehrere Rechtsanwälte beigezogen wurden, sind jedenfalls nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten der Beiziehung eines Rechtsanwalts nicht übersteigen, oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste.

§ 42. (1) Für ihre persönlichen Bemühungen kann die Partei wie der Nebenintervenient bei Feststellung der Processkosten eine Vergütung nicht ansprechen. Wenn deren persönliches Erscheinen vor Gericht nothwendig war, und insbesondere wenn die Partei in dem Verfahren vor Bezirksgerichten ohne einen Bevollmächtigten erscheint, ist für den durch Zeitversäumnis etwa entstandenen Schaden, sowie für die Reiseauslagen Ersatz zu leisten.

(2) Wird eine Partei durch Bevollmächtigte vertreten, welche nicht dem Rechtsanwalts- oder Notariatsstande angehören, so ist der unterliegende Gegner nur zum Ersatze der Stempel- und anderen Staatsgebüren und der durch die Processführung verursachten nothwendigen Barauslagen zu verhalten. Diese Bestimmung gilt jedoch nicht für die Kostenersatzansprüche der durch die Finanzprocuratur vertretenen Parteien; hiebei macht es keinen Unterschied, ob die Finanzprokuratur selbst einschreitet oder durch Verwaltungsbehörden oder Ämter vertreten wird.

§ 43. (1) Wenn jede Partei theils obsiegt, theils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu theilen. Der zu ersetzende Theil kann ziffermäßig oder im Verhältnis zum Ganzen bestimmt werden. Die von der Partei getragenen Gerichtsgebühren und anderen bundesgesetzlich geregelten staatlichen Gebühren, Kosten von Amtshandlungen außerhalb des Gerichtes, Gebühren der Zeugen, Sachverständigen, Dolmetscher, Übersetzer und Beisitzer, Kosten der notwendigen Verlautbarungen sowie Kosten eines Kurators, die die Partei nach § 10 zu bestreiten hatte, sind ihr dabei verhältnismäßig mit dem Teil zuzusprechen, der dem Ausmaß ihres Obsiegens entspricht.

(2) Das Gericht kann jedoch auch bei solchem Ausgange des Rechtsstreites der einen Partei den Ersatz der gesammten, dem Gegner und dessen Nebenintervenienten entstandenen Kosten auferlegen, wenn der Gegner nur mit einem verhältnismäßig geringfügigen Theile seines Anspruches, dessen Geltendmachung überdies besondere Kosten nicht veranlasst hat, unterlegen ist, oder wenn der Betrag der von ihm erhobenen Forderung von der Feststellung durch richterliches Ermessen, von der Ausmittlung durch Sachverständige, oder von einer gegenseitigen Abrechnung abhängig war.

§ 44. (1) Werden thatsächliche Behauptungen oder Beweismittel unter Umständen angebracht, aus welchen das Gericht die Überzeugung gewinnt, dass die Partei imstande war, dieselben früher geltend zu machen, und wird durch die Zulassung eines solchen Vorbringens die Erledigung des Rechtsstreites verzögert, so kann das Gericht auf Antrag oder von amtswegen der Partei, welche ein solches Vorbringen gemacht hat, auch wenn sie obsiegt, den Ersatz der Processkosten ganz oder theilweise auferlegen.

(2) Dies gilt insbesondere auch von Anführungen und Beweisanbietungen, die bereits in einem von der obsiegenden Partei überreichten vorbereitenden Schriftsatze hätten angebracht werden sollen und deren späteres Vorbringen eine Verzögerung der Verhandlung oder der Erledigung des Rechtsstreites bewirkt hat.

Beachte: Ist auf Verfahren anzuwenden, in denen die Klage oder der verfahrenseinleitende Antrag nach dem 31. Dezember 2002 bei Gericht eingelangt ist. (vgl. Art. XI Abs. 2, BGBl. I Nr. 76/2002)

§ 45. Hat der Beklagte durch sein Verhalten zur Erhebung der Klage nicht Veranlassung gegeben und den in der Klage erhobenen Anspruch sofort bei erster Gelegenheit anerkannt, so fallen die Processkosten dem Kläger zur Last. Er hat auch die dem Beklagten durch das eingeleitete gerichtliche Verfahren verursachten Kosten zu ersetzen.

§ 45a. (1) Wird auf Scheidung oder Aufhebung der Ehe erkannt oder die Ehe für nichtig erklärt, ohne daß der unterlegene Theil hieran schuldig ist, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben. Hat eine Partei von den im § 43 Abs. 1 letzter Satz angeführten Barauslagen mehr als die Hälfte bestritten, so hat ihr der andere Ehegatte den Mehrbetrag zu ersetzen.

(2) Wird die Ehe nach § 55 Ehegesetz geschieden und enthält das Scheidungsurteil einen Ausspruch über das Verschulden an der Zerrüttung, so hat der schuldige Ehegatte dem anderen die Kosten zu ersetzen.

§ 46. (1) Besteht der zum Kostenersatz verpflichtete Theil aus mehreren, in der Hauptsache nicht solidarisch haftenden Personen, so ist denselben der Kostenersatz nach Kopftheilen aufzuerlegen. Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Betheiligung am Rechtsstreite hat jedoch das Gericht die Ersatzantheile nach dem Verhältnisse dieser Betheiligung zu bestimmen.

(2) Sofern die zum Kostenersatze verpflichteten Personen nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes in der Hauptsache solidarisch zu haften haben, erstreckt sich diese Haftung auch auf die dem Gegner zugesprochenen Processkosten. Für die Kosten, welche durch die von einzelnen Betheiligten vorgenommenen besonderen Processhandlungen erwachsen sind, haben die übrigen Betheiligten nicht zu haften.

§ 47. (1) Die Kosten eines abgeschlossenen Vergleiches sind, wenn nicht etwas anderes vereinbart wird, als gegenseitig aufgehoben anzusehen. Dasselbe gilt von den Kosten des durch Vergleich erledigten Rechtsstreites, soweit deren Ersatz nicht bereits einer der Parteien rechtskräftig auferlegt ist.

(2) Bleiben Vergleichsverhandlungen erfolglos, so ist die Verpflichtung zum Ersatze der mit denselben verbundenen Kosten von der Entscheidung der Hauptsache abhängig.

§ 48. (1) Werden einer Partei dadurch, daß ihr Gegner schuldhaft tatsächliche Anführungen oder Beweisanbietungen verspätet vorbringt, oder lediglich durch Zwischenfälle, die infolge eines Verschuldens des Gegners oder eines ihm widerfahrenen Zufalles im Laufe des Verfahrens eintreten, Kosten verursacht, so kann ihr das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen den Ersatz dieser Kosten unabhängig vom Ausgange des Rechtsstreites zusprechen. Ist im Zeitpunkt dieser Entscheidung nicht oder nur mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten festzustellen, welche Kosten durch die Verspätung beziehungsweise den Zwischenfall verursacht worden oder wie hoch sie sind, so ist der Ersatzbetrag in sinngemäßer Anwendung des § 273 zu bestimmen.

(2) Die Partei, welcher der Ersatz solcher Kosten bereits während des Rechtsstreites zugesprochen wurde, ist zu deren Wiedererstattung auch dann nicht verpflichtet, wenn sie in der Hauptsache zum Ersatze der Gerichtskosten verurtheilt wird.

§ 50. (1) Die Bestimmungen der §§. 40 bis 49 sind auch für das Rechtsmittelverfahren und für die Entscheidungen maßgebend, welche von den Gerichten zweiter und dritter Instanz über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens, sowie im Falle der Änderung einer untergerichtlichen Entscheidung, über die Kosten des gesammten vorausgegangenen Verfahrens zu fällen sind. Der Umstand, dass eine Partei Sprüche der unteren Instanzen für sich hat, ist für die Frage des Kostenersatzes nicht maßgebend.

(2) Fällt bei einem Rechtsmittel das Rechtsschutzinteresse nachträglich weg, so ist dies bei der Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens nicht zu berücksichtigen; würde hiebei die Klärung von Tatsachen einen unverhältnismäßigen Verfahrensaufwand erfordern, so ist über den Kostenersatz nach freier Überzeugung zu entscheiden (§ 273).

§ 51. (1) Wenn das Verfahren infolge eines Rechtsmittels oder von amtswegen aufgehoben oder dessen Nichtigkeit ausgesprochen wird, und wenn es zugleich einer der Parteien zum Verschulden zugerechnet werden kann, dass das Verfahren trotz des vorhandenen Aufhebungs- oder Nichtigkeitsgrundes eingeleitet oder fortgeführt wurde, oder wenn der Grund der Aufhebung im Verschulden einer Partei selbst gelegen ist, so kann dieser Partei auf Antrag oder von amtswegen der Ersatz der Kosten des aufgehobenen Verfahrens, sowie des etwaigen Rechtsmittelverfahrens auferlegt werden.

(2) Außer diesen Fällen sind die Kosten gegenseitig aufzuheben.

§ 52. (1) In jedem Urtheile und in den Beschlüssen, welche eine Streitsache für die Instanz vollständig erledigen, ist auch über die Verpflichtung zum Kostenersatze zu entscheiden. In anderen Beschlüssen kann über den Ersatz der Kosten nur insoweit erkannt werden, als die Ersatzpflicht von dem Ausgange der Hauptsache unabhängig ist.

(2) Ist das Gericht bei Erlassung eines Theilurtheiles nicht in der Lage, hinsichtlich des abgeurtheilten Anspruches oder Theilanspruches zugleich über die Kosten zu entscheiden, so ist im Urtheile auszusprechen, inwieferne eine solche Entscheidung noch einem weiteren Urtheile vorbehalten bleibt.

(3) Über die Verpflichtung zum Kostenersatze ist auch ohne einen bezüglichen Parteiantrag zu entscheiden, sofern nur das Kostenverzeichnis rechtzeitig vorgelegt wurde (§. 54).

§ 53. (1) Gleichzeitig mit der Entscheidung über die Verpflichtung zum Kostenersatze hat das Gericht, sofern nicht die Kosten gegeneinander aufgehoben werden, den Betrag der zu ersetzenden Kosten festzustellen.

(2) Bei der mündlichen Verkündung des Urtheiles oder eines die Verpflichtung zum Kostenersatze aussprechenden Beschlusses kann jedoch in allen Fällen, in welchen das Urtheil oder der Beschluss noch schriftlich auszufertigen sind, die Festsetzung des Kostenbetrages dieser schriftlichen Ausfertigung vorbehalten werden.

§ 54. (1) Die Partei, welche Kostenersatz anspricht, hat bei sonstigem Verluste des Ersatzanspruches das Verzeichnis der Kosten samt den zur Bescheinigung der Ansätze und Angaben dieses Verzeichnisses etwa erforderlichen Belegen vor Schluss der der Entscheidung über den Kostenersatzanspruch (§. 52) unmittelbar vorangehenden Verhandlung, wenn aber die Beschlussfassung ohne vorgängige Verhandlung erfolgen soll, bei ihrer Einvernehmung oder gleichzeitig mit dem der Beschlussfassung zu unterziehenden Antrage dem Gerichte zu übergeben. 

(2) Entstehen einer Partei nach dem Zeitpunkt, bis zu dem nach Abs. 1 das Kostenverzeichnis einzureichen ist, weitere Kosten, deren Ersatz sie von dem anderen Teil verlangen kann, so kann sie eine Ergänzung der Entscheidung über die Höhe der zu ersetzenden Kosten beantragen. Bestehen die Kosten in einer Zahlungspflicht, so gelten sie als mit deren Begründung entstanden; haftet jedoch mit der zum Kostenersatz berechtigten Partei auch deren Gegner solidarisch, gelten die Kosten erst mit der Zahlung als entstanden. Der Antrag auf Ergänzung der Kostenentscheidung ist binnen einer Notfrist von vier Wochen ab dem Entstehen der Kosten zu stellen; bestehen jedoch die Kosten in einer Zahlungspflicht und ist der Gläubiger nicht der Bevollmächtigte der Partei, so beginnt die Frist erst zu laufen, wenn der Partei ihre Verbindlichkeit zahlenmäßig bekanntgegeben und wenn sie fällig oder wenn sie vorher gezahlt wird. Das Gericht entscheidet ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß; im Verfahren vor dem Gerichtshof entscheidet der Vorsitzende.

§ 54a. (1) Wird der zugesprochene Kostenbetrag nicht vor Eintritt der Vollstreckbarkeit der Entscheidung über die Ersatzpflicht gezahlt, so ist die ersatzpflichtige Partei zur Vergütung der gesetzlichen Verzugszinsen vom Kostenbetrag ab dem Datum der Kostenentscheidung verpflichtet. Dies bedarf keines Ausspruchs in der Kostenentscheidung. 

(2) Auf Verlangen der ersatzberechtigten Partei ist in dem Beschluß, mit dem auf Grund der Kostenentscheidung die Exekution bewilligt wird, auch die Exekution zur Hereinbringung der Zinsen zu bewilligen.

§ 55. Die in einem Urtheile des Processgerichtes erster Instanz oder des Berufungsgerichtes enthaltene Entscheidung über den Kostenpunkt kann ohne gleichzeitige Anfechtung der in der Hauptsache ergangenen Entscheidung nur mittels Recurs angefochten werden.

 

Sechster Titel.

Sicherheitsleistung.

Art der Sicherheitsleistung.

§ 56. (1) Die Bestellung einer auf Grund der Bestimmungen dieses Gesetzes zu leistenden Sicherheit erfolgt, wenn die Parteien nichts anderes vereinbaren, durch gerichtlichen Erlag von barem Gelde oder von inländischen Wertpapieren, welche sich nach den hierüber bestehenden Vorschriften zur Anlegung der Gelder von Minderjährigen eignen, und nur in Ermanglung solcher durch den gerichtlichen Erlag von anderen inländischen, an einer Börse notirten Wertpapieren, welche nach richterlichem Ermessen genügende Deckung bieten. Die Wertpapiere dürfen nicht außer Curs gesetzt und müssen mit den laufenden Zins- oder Gewinnantheilscheinen und Talons versehen sein. Sie sind nach dem Curse des Erlagstages zu berechnen.

(2) Nach Ermessen des Gerichtes können insbesondere auch Einlagebücher einer inländischen Sparkasse oder einer inländischen landwirtschaftlichen oder sonstigen Vorschusskasse behufs Bewirkung einer Sicherheitsleistung zugelassen werden. Eine Sicherheitsleistung mittels einer gesetzlichen Sicherheit bietenden Hypothek an einem inländischen Grundstücke oder durch zahlungsfähige Bürgen, die ihren allgemeinen Gerichtsstand im Inlande haben, kann der Richter zulassen, wenn eine andere Art der Sicherheit von dem zur Sicherheitsleistung Verpflichteten nicht oder nur schwer beschafft werden kann.

(3) Mit dem gerichtlichen Erlage wird an dem Gegenstande desselben ein Pfandrecht für den Anspruch begründet, in Ansehung dessen die Sicherheitsleistung erfolgt.

Sicherheitsleistung für Processkosten.

§ 57. (1) Wenn Ausländer vor einem im Geltungsgebiete dieses Gesetzes gelegenen Gerichte als Kläger auftreten, haben sie dem Beklagten auf dessen Verlangen für die Processkosten Sicherheit zu leisten, sofern nicht durch Staatsverträge etwas anderes festgesetzt ist.

(2) Eine solche Verpflichtung zur Sicherheitsleistung tritt jedoch nicht ein:
1. wenn der Kläger seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich hat;
1 a. wenn eine gerichtliche Entscheidung, die dem Kläger den Ersatz von Prozeßkosten an den Beklagten auferlegte, im Staat des gewöhnlichen Aufenthalts des Klägers vollstreckt würde;
2. wenn der Kläger im Geltungsgebiete dieses Gesetzes ein zur Deckung der Processkosten hinreichendes Vermögen an unbeweglichen Gütern oder an Forderungen besitzt, die auf solchen Gütern bücherlich sichergestellt sind;
3. bei Klagen in Ehestreitigkeiten;
4. bei Klagen im Mandats- und Wechselverfahren, bei Widerklagen, sowie bei Klagen, welche infolge einer öffentlichen, gerichtlichen Aufforderung angestellt werden.

(3) Auf die Ermittlung der Gesetzgebung und des Verhaltens des Staates, in dem der Kläger seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, ist § 4 Abs. 1 des IPR-Gesetzes, BGBl. Nr. 304/1978, sinngemäß anzuwenden.

§ 58. Der Beklagte kann auch dann Sicherheitsleistung verlangen, wenn der Kläger während des Rechtsstreites die Eigenschaft eines Inländers verliert oder die Voraussetzung, unter welcher der Ausländer von der Sicherheitsleistung befreit war, wegfällt und nicht ein zur Deckung ausreichender Theil des erhobenen Anspruches unbestritten ist.

§ 59. (1) Außer den beiden Fällen des § 58 muss der Antrag auf Sicherheitsleistung für Processkosten bei sonstigem Ausschlusse gestellt werden, bevor der Beklagte zur Sache vorbringt (§ 74) oder mündlich verhandelt.

(2) In dem Antrage ist stets die Höhe der Sicherheitssumme anzugeben. Über den Antrag ist durch Beschluss zu entscheiden.

§ 60. (1) Wird dem Antrage stattgegeben, so ist zugleich der Betrag der zu leistenden Sicherheit und die Frist zu bestimmen, binnen welcher dieser Betrag gerichtlich zu erlegen oder die Unfähigkeit zum Erlage vom Kläger eidlich zu bekräftigen ist.

(2) Bei Bestimmung der Höhe der Sicherheitssumme sind die Kosten, welche der Beklagte zu seiner Vertheidigung wahrscheinlich aufzuwenden haben wird, nicht aber auch die durch eine etwaige Widerklage erwachsenden Kosten in Anschlag zu bringen. Zum Zwecke der eidlichen Bekräftigung seiner Unfähigkeit zum Erlage der Sicherheitssumme hat der Kläger bei dem Processgerichte innerhalb der ihm hiezu offen gestellten Frist um Anberaumung einer Tagsatzung anzusuchen. Die Ablegung des Eides kann bei dem Gerichte des Wohnsitzes oder Aufenthaltes des Klägers erfolgen.

(3) In der dem Kläger zuzustellenden schriftlichen Ausfertigung des Beschlusses ist ihm zu eröffnen, dass im Falle fruchtlosen Ablaufes der im Absatze 1 erwähnten Frist die Klage auf Antrag des Beklagten vom Gerichte für zurückgenommen erklärt, oder, wenn der Antrag während des Rechtsmittelverfahrens gestellt wird (§. 58), das vom Kläger eingelegte Rechtsmittel als zurückgezogen angesehen würde. Beides geschieht mittels Beschluss; der Beschlussfassung hat die mündliche oder schriftliche Einvernehmung des Klägers vorauszugehen.

§ 61. (1) Wird ein Antrag auf Sicherheitsleistung für Processkosten rechtzeitig gestellt, so ist der Beklagte bis zur Entscheidung über denselben zur Fortsetzung des Verfahrens in der Hauptsache nicht verpflichtet.

(2) Wird der Antrag abgewiesen, so kann die Fortsetzung dieses Verfahrens vom Gerichte angeordnet werden, ohne dass die Rechtskraft des abweisenden Beschlusses abgewartet werden muss. Gegen diese Anordnung findet ein Recurs nicht statt.

§ 62. (1) Nach rechtzeitigem Erlage der Sicherheitssumme oder Ableistung des Eides ist das Verfahren in der Hauptsache auf Antrag einer Partei fortzusetzen.

(2) Ergibt sich im Laufe des Rechtsstreites, dass die geleistete Sicherheit nicht hinreicht, so kann der Beklagte die Ergänzung derselben beantragen, sofern nicht ein zur Deckung ausreichender Theil des erhobenen Anspruches unbestritten ist. Einem solchen Antrage kommt aufschiebende Wirkung nicht zu; der Beschluss, wodurch die Ergänzung der Sicherheit angeordnet wird, ist nach eingetretener Rechtskraft vollstreckbar.

Siebenter Teil Verfahrenshilfe

§ 63. (1) Verfahrenshilfe ist einer Partei so weit zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen als sie außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten, und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint. Als notwendiger Unterhalt ist derjenige Unterhalt anzusehen, den die Partei für sich und ihre Familie, für deren Unterhalt sie zu sorgen hat, zu einer einfachen Lebensführung benötigt. Als mutwillig ist die Rechtsverfolgung besonders anzusehen, wenn eine nicht die Verfahrenshilfe beanspruchende Partei bei verständiger Würdigung aller Umstände des Falles, besonders auch der für die Eintreibung ihres Anspruchs bestehenden Aussichten, von der Führung des Verfahrens absehen oder nur einen Teil des Anspruchs geltend machen würde. 

(2) Einer juristischen Person oder einem sonstigen parteifähigen Gebilde ist die Verfahrenshilfe zu bewilligen, wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von ihr (ihm) noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint; das gleiche gilt für ein behördlich bestelltes Organ oder einen gesetzlichen Vertreter, die für eine Vermögensmasse auftreten, wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder aus der Vermögensmasse noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können. 

(3) (Anm.: aufgehoben durch BGBl. Nr. 135/1983) 

(4) Die Bestimmungen über die Verfahrenshilfe gelten auch für den Nebenintervenienten.

§ 64. § 64. (1) Die Verfahrenshilfe kann für einen bestimmten Rechtsstreit und ein nach Abschluß des Rechtsstreits eingeleitetes Vollstreckungsverfahren die folgenden Begünstigungen umfassen:

  1. die einstweilige Befreiung von der Entrichtung
    a) der Gerichtsgebühren und anderen bundesgesetzlich geregelten staatlichen Gebühren;
    b) der Kosten von Amtshandlungen außerhalb des Gerichtes;
    c) der Gebühren der Zeugen, Sachverständigen, Dolmetscher, Übersetzer und Beisitzer;
    d) der Kosten der notwendigen Verlautbarungen;
    e) der Kosten eines Kurators, die die Partei nach § 10 zu bestreiten hätte;
    f) der notwendigen Barauslagen, die von dem vom Gericht bestellten gesetzlichen Vertreter oder von dem der Partei beigegebenen Rechtsanwalt oder Vertreter gemacht worden sind; diese umfassen jedenfalls auch notwendige Übersetzungs- und Dolmetschkosten;
    die unter den Buchstaben b bis e und die unter diesem Buchstaben genannten Kosten, Gebühren und Auslagen werden vorläufig aus Amtsgeldern berichtigt;
  2. die Befreiung von der Sicherheitsleistung für die Prozeßkosten;
  3. sofern die Vertretung durch einen Rechtsanwalt gesetzlich geboten ist oder es nach der Lage des Falles erforderlich erscheint, die vorläufig unentgeltliche Beigebung eines Rechtsanwalts, die sich auch auf eine vorprozessuale Rechtsberatung im Hinblick auf eine außergerichtliche Streitbeilegung erstreckt; dieser bedarf keiner Prozeßvollmacht, jedoch der Zustimmung der Partei zu einem Anerkenntnis, einem Verzicht oder der Schließung eines Vergleiches. § 31 Abs. 2 und 4 sind sinngemäß anzuwenden;
  4. sofern in einer Rechtssache, in der die Vertretung durch einen Rechtsanwalt gesetzlich nicht geboten ist und der Partei auch ein Rechtsanwalt nicht beigegeben wird, die Klage bei einem Gericht außerhalb des Bezirksgerichtssprengels angebracht werden soll, in dem die Partei ihren Aufenthalt hat, das Recht, die Klage gemeinsam mit dem Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe beim Bezirksgericht ihres Aufenthalts zu Protokoll zu erklären und zu begehren, daß dieses Protokoll dem Prozeßgericht übersendet, und daß von diesem für die Partei zur unentgeltlichen Wahrung ihrer Rechte bei der mündlichen Verhandlung ein Gerichtsbediensteter oder ein Rechtspraktikant als ihr Vertreter bestellt werde; deren Auswahl obliegt dem Vorsteher des Gerichtes;
  5. sofern das Gericht deren persönliche Anwesenheit zur Einvernahme oder zur Erörterung des Sachverhalts anordnet, den Ersatz der notwendigen Reisekosten der Partei in sinngemäßer Anwendung der für Zeugen geltenden Bestimmungen des GebAG 1975; diese Kosten werden vorläufig aus Amtsgeldern ersetzt.

(2) Bei Bewilligung der Verfahrenshilfe ist auszusprechen, welche der im Abs. 1 aufgezählten Begünstigungen und welche zur Gänze oder zum Teil gewährt werden. Die Begünstigung nach Abs. 1 Z 3 darf nur in vollem Ausmaß gewährt werden.

(3) Soweit die Verfahrenshilfe bewilligt wird, treten die Befreiungen und Rechte nach Abs. 1 mit dem Tag ein, an dem sie beantragt worden sind. Die Befreiungen nach Abs. 1 Z 1 Buchstaben b bis e können wirksam noch bis zur Entrichtung dieser Kosten und Gebühren beantragt werden.

§ 64a. Eine Partei, der in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union für einen bestimmten Rechtsstreit Verfahrenshilfe gewährt worden ist, hat für das Verfahren zur Anerkennung und Vollstreckung der in diesem Rechtsstreit ergangenen Entscheidung Anspruch auf Verfahrenshilfe gemäß diesem Titel. Die Partei hat in ihrem Antrag zu bescheinigen, dass ihr im Erkenntnisverfahren Verfahrenshilfe gewährt wurde, dem Antrag ein Vermögensbekenntnis (§ 66) anzuschließen und anzugeben, welche der in § 64 Abs. 1 aufgezählten Begünstigungen sie begehrt. Das Gericht hat auszusprechen, in welchem Ausmaß der Partei die Begünstigungen des § 64 Abs. 1 gewährt werden.

§ 64b. Zur außergerichtlichen Streitbeilegung in nachbarrechtlichen Streitigkeiten nach § 364 Abs. 3 ABGB wird Verfahrenshilfe für den Antrag nach § 433 Abs. 1 gewährt. Diese umfasst die Begünstigungen nach § 64 Abs. 1 Z 1 und 5.

§ 65. (1) Die Verfahrenshilfe ist beim Prozeßgericht erster Instanz schriftlich oder zu Protokoll zu beantragen. Hat das Prozessgericht seinen Sitz außerhalb des Bezirksgerichtssprengels, in dem die Partei ihren Aufenthalt hat, so kann sie den Antrag beim Bezirksgericht ihres Aufenthalts zu Protokoll erklären; im Fall des § 64 Abs. 1 Z 4 kann sie gemeinsam mit diesem Antrag die Klage, den Widerspruch gegen ein Versäumungsurteil oder den Einspruch gegen einen Zahlungsbefehl zu Protokoll erklären.

(2) Über den Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe hat stets das Prozeßgericht erster Instanz zu entscheiden, auch wenn sich die Notwendigkeit hierzu erst im Verfahren vor einer höheren Instanz ergibt. Der Beschluß über den Antrag darf dem Gegner frühestens mit der Klage zugestellt werden.

§ 66. (1) In dem Antrag ist die Rechtssache bestimmt zu bezeichnen, für die die Verfahrenshilfe begehrt wird. Zugleich sind ein nicht mehr als vier Wochen altes Bekenntnis der Partei (ihres gesetzlichen Vertreters) über die Vermögens-, Einkommens- und Familienverhältnisse der Partei (Vermögensbekenntnis) und, soweit zumutbar, entsprechende Belege beizubringen; in dem Vermögensbekenntnis sind besonders auch die Belastungen anzugeben, weiter die Unterhaltspflichten und deren Ausmaß, sowie ob eine andere Person für die Partei unterhaltspflichtig ist. Für das Vermögensbekenntnis ist ein vom Bundesminister für Justiz aufzulegendes und im Amtsblatt der österreichischen Justizverwaltung kundzumachendes Formblatt zu verwenden. Ist dem Antrag kein solches Vermögensbekenntnis angeschlossen, so ist nach den §§ 84 und 85 vorzugehen, wobei jedoch in allen Fällen nach § 85 Abs. 2 eine Frist zu setzen ist; gleichzeitig ist der Partei das Formblatt zuzustellen.

(2) Über den Antrag ist auf der Grundlage des Vermögensbekenntnisses zu entscheiden. Hat das Gericht gegen dessen Richtigkeit oder Vollständigkeit Bedenken, so hat es das Vermögensbekenntnis zu überprüfen. Hierbei kann es auch die Partei unter Setzung einer angemessenen Frist zur Ergänzung des Vermögensbekenntnisses und, soweit zumutbar, zur Beibringung weiterer Belege auffordern. Der § 381 ist sinngemäß anzuwenden.

§ 67. Hat das Gericht die Beigebung eines Rechtsanwalts beschlossen, so hat es den Ausschuß der nach dem Sitz des Prozeßgerichts zuständigen Rechtsanwaltskammer zu benachrichtigen, damit der Ausschuß einen Rechtsanwalt zum Vertreter bestelle. Wünschen der Partei über die Auswahl dieses Rechtsanwalts ist im Einvernehmen mit dem namhaft gemachten Rechtsanwalts nach Möglichkeit zu entsprechen.

§ 68. (1) Die Verfahrenshilfe erlischt mit dem Tod der Partei. Das Prozeßgericht erster Instanz hat von Amts wegen oder auf Antrag - auch des bestellten Rechtsanwalts - die Verfahrenshilfe so weit zur Gänze oder zum Teil erloschen zu erklären als Änderungen in den Vermögensverhältnissen der Partei dies erfordern, oder die weitere Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

(1a) Wird nicht innerhalb eines Jahres nach Abschluss des Rechtsstreits ein Vollstreckungsverfahren eingeleitet, so ist bei dessen Einleitung von Amts wegen zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für die Gewährung von Verfahrenshilfe weiterhin vorliegen.

(2) Das Prozeßgericht erster Instanz hat von Amts wegen oder auf Antrag - auch des bestellten Rechtsanwalts - die Verfahrenshilfe so weit zur Gänze oder zum Teil zu entziehen als sich herausstellt, daß die seinerzeit angenommenen Voraussetzungen nicht gegeben gewesen sind. In diesem Fall hat die Partei die im § 64 Abs. 1 Z. 1 genannten Beträge, von deren Bestreitung sie einstweilen befreit gewesen ist, insoweit zu entrichten bzw. zu ersetzen und den ihr beigegebenen Rechtsanwalt nach dem Tarif zu entlohnen. Über den Entlohnungsanspruch hat das Gericht mit Beschluß zu entscheiden.

(3) Im Zug eines in den Abs. 1, 1a und 2 vorgesehenen Verfahrens kann das Gericht die Parteien unter Setzung einer angemessenen Frist zur Beibringung eines neuen Vermögensbekenntnisses und, soweit zumutbar, von Belegen auffordern. Der § 381 ist sinngemäß anzuwenden.

(4) Erklärt das Gericht die Verfahrenshilfe für erloschen oder entzieht es sie, so bleibt der bestellte Rechtsanwalt noch bis zum Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses berechtigt und verpflichtet, für die Partei zu handeln, soweit dies nötig ist, um sie vor Rechtsnachteilen zu schützen. Die Zustellung des Beschlusses, womit das Gericht die Verfahrenshilfe für erloschen erklärt oder entzieht, an den Rechtsanwalt unterbricht den Lauf der Frist zur Beantwortung der Klage bzw. Erhebung von Rechtsmitteln gegen andere Entscheidungen des Gerichtes bis zum Eintritt der Rechtskraft des genannten Beschlusses. Mit dem Eintritt der Rechtskraft beginnt die volle Frist von neuem zu laufen.

§ 69. Gegen denjenigen, der durch unrichtige oder unvollständige Angaben im Vermögensbekenntnis (§ 66) die Verfahrenshilfe erschleicht, hat das Prozeßgericht erster Instanz eine Mutwillensstrafe zu verhängen. Derjenige, gegen den eine solche Mutwillensstrafe rechtskräftig verhängt worden ist, schuldet überdies - vorbehaltlich der Nachzahlungspflicht der Partei (§ 68 Abs. 2) - die Gerichtsgebühren in zweifacher Höhe. Schließlich hat das Prozeßgericht den Sachverhalt in jedem Fall der Staatsanwaltschaft anzuzeigen.

§ 70. Die im § 64 Abs. 1 Z. 1 genannten Beträge, von deren Bestreitung die Partei einstweilen befreit ist, sowie die der Partei gemäß § 64 Abs. 1 Z 5 einstweilen ersetzten Reisekosten sind unmittelbar beim Gegner einzuheben, soweit diesem die Kosten des Rechtsstreits auferlegt worden sind oder er sie in einem Vergleich übernommen hat. Das Gericht hat auch dann, wenn die Partei zwar obsiegt, aber keinen Kostenersatz beansprucht, darüber zu entscheiden, ob und wieweit der Gegner zum Ersatz der im § 64 Abs. 1 Z 1 und Z 5 genannten Beträge verpflichtet ist. Ist der Gegner der Partei zum Kostenersatz verpflichtet, so ist bei der Kostenfestsetzung so vorzugehen, als wäre der Rechtsanwalt der Partei nicht vorläufig unentgeltlich beigegeben worden.

§ 71. (1) Die die Verfahrenshilfe genießende Partei ist mit Beschluß zur gänzlichen oder teilweisen Nachzahlung der Beträge zu verpflichten, von deren Berichtigung sie einstweilen befreit gewesen ist oder die ihr zur Bestreitung ihrer Reisekosten einstweilen aus Amtsgeldern ersetzt worden sind und die noch nicht berichtigt sind, wie ebenso zur tarifmäßigen Entlohnung des ihr beigegebenen Rechtsanwalts, soweit und sobald sie ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts dazu imstande ist. Nach Ablauf von drei Jahren nach Abschluß des Verfahrens kann die Verpflichtung zur Nachzahlung nicht mehr auferlegt werden.

(2) In dem Beschluß über die Nachzahlung ist der Partei zunächst der Ersatz der im § 64 Abs. 1 Z. 1 Buchstaben b bis f und Z 5 genannten Beträge aufzuerlegen, dann die Leistung der Entlohnung des Rechtsanwalts unter gleichzeitiger Bestimmung ihrer Höhe und endlich die Entrichtung der im § 64 Abs. 1 Z. 1 Buchstabe a genannten Beträge; dieser Beschluß ist erst nach Eintritt der Rechtskraft vollstreckbar.

(3) In Verfahren nach den Abs. 1 und 2 kann das Gericht die Parteien unter Setzung einer angemessenen Frist zur Beibringung eines neuen Vermögensbekenntnisses und, soweit zumutbar, von Belegen auffordern. Der § 381 ist sinngemäß anzuwenden.

§ 72. (1) Die nach diesem Titel ergehenden Beschlüsse sind ohne mündliche Verhandlung zu fassen, sofern das Prozeßgericht eine solche nicht zur Erörterung ihm erheblich scheinender Tatsachen für erforderlich hält.

(2) Gegen die nach diesem Titel ergehenden Beschlüsse steht auch dem Gegner sowie dem Revisor der Rekurs zu. Das Recht, einen Antrag nach § 68 Abs. 1 oder 2 zu stellen, bleibt ihnen vorbehalten.

(2a) Ein Rekurs ist, vorbehaltlich des § 65 Abs. 2, den Parteien und dem Revisor zuzustellen. Diese können binnen 14 Tagen ab Zustellung des Rekurses eine Rekursbeantwortung einbringen.

(3) Einer Vertretung durch Rechtsanwälte bedürfen die Parteien bei den nach diesem Titel bei Gericht vorzunehmenden Handlungen auch im Anwaltsprozeß nicht. Rekurse gegen Beschlüsse über die Verfahrenshilfe sowie Rekursbeantwortungen können auch bei Gerichtshöfen mündlich zu Protokoll erklärt werden. Ein Kostenersatz findet nicht statt.

§ 73. (1) Weder der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe noch ein anderer nach diesem Titel zulässiger Antrag berechtigt die Parteien, die Einlassung in den Rechtsstreit oder die Fortsetzung der Verhandlung zu verweigern oder die Erstreckung von Fristen oder die Verlegung von Tagsatzungen zu begehren.

(2) Hat die beklagte Partei vor Ablauf der Frist, innerhalb deren sie die Klage zu beantworten, den Einspruch gegen einen Zahlungsbefehl, die Einwendungen im Mandatsverfahren und im Bestandverfahren oder den Widerspruch gegen ein Versäumungsurteil einzubringen hätte, die Bewilligung der Verfahrenshilfe einschließlich der Beigebung eines Rechtsanwalts beantragt, so beginnt die Frist zur Einbringung der Klagebeantwortung, des Einspruchs gegen einen Zahlungsbefehl, der Einwendungen im Mandatsverfahren und im Bestandverfahren oder des Widerspruchs gegen ein Versäumungsurteil frühestens mit der Zustellung des Bescheides, mit dem der Rechtsanwalt bestellt wird, beziehungsweise mit dem Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses, mit dem die Beigebung eines Rechtsanwalts versagt wird. Der Bescheid über die Bestellung des Rechtsanwalts ist durch das Gericht zuzustellen.

(3) Wird nach dem Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses, mit dem die Beigebung eines Rechtsanwalts versagt wird, von derselben Partei neuerlich ein Antrag gestellt, ihr einen Rechtsanwalt kostenlos beizugeben, so bleibt hievon der weitere Ablauf der schon einmal nach dem Abs. 2 unterbrochenen Frist unberührt.

 

Dritter Titel

Beweis durch Urkunden

Beweiskraft der Urkunden
...
Vorlegung der Urkunde durch den Gegner.

§ 303. (1) Wenn eine Partei behauptet, dass sich eine für ihre Beweisführung erhebliche Urkunde in den Händen des Gegners befindet, so kann auf ihren Antrag das Gericht dem Gegner die Vorlage der Urkunde durch Beschluss auftragen.

(2) Die antragstellende Partei hat eine Abschrift der vom Gegner vorzulegenden Urkunde beizubringen oder, wenn sie dies nicht vermag, den Inhalt der Urkunde möglichst genau und vollständig anzugeben, sowie die Thatsachen anzuführen, welche durch die vorzulegende Urkunde bewiesen werden sollen. Desgleichen sind die Umstände darzulegen, welche den Besitz der Urkunde seitens des Gegners wahrscheinlich machen.

(3) Der Entscheidung über den Antrag hat, wenn derselbe außerhalb der mündlichen Verhandlung gestellt wird, eine mündliche oder schriftliche Einvernehmung des Gegners vorauszugehen.

§ 304. (1) Die Vorlage der Urkunde kann nicht verweigert werden:
1. wenn der Gegner selbst auf die Urkunde zum Zwecke der Beweisführung im Processe Bezug genommen hat;
2. wenn der Gegner nach bürgerlichem Rechte zur Ausfolgung oder Vorlage der Urkunde verpflichtet ist;
3. wenn die Urkunde ihrem Inhalte nach eine beiden Parteien gemeinschaftliche ist.

(2) Als gemeinschaftlich gilt eine Urkunde insbesondere für die Personen, in deren Interesse sie errichtet ist oder deren gegenseitige Rechtsverhältnisse darin bekundet sind. Als gemeinschaftlich gelten auch die über ein Rechtsgeschäft zwischen den Betheiligten oder zwischen einem derselben und dem gemeinsamen Vermittler des Geschäftes gepflogenen schriftlichen Verhandlungen.

§ 305. Die Vorlage anderer Urkunden kann verweigert werden:
1. wenn der Inhalt Angelegenheiten des Familienlebens betrifft;
2. wenn der Gegner durch die Vorlage der Urkunde eine Ehrenpflicht verletzen würde;
3. wenn das Bekanntwerden der Urkunde der Partei oder dritten Personen zur Schande gereichen oder die Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung zuziehen würde;
4. wenn die Partei durch die Vorlage der Urkunde eine staatlich anerkannte Pflicht zur Verschwiegenheit, von der sie nicht giltig entbunden wurde, oder ein Kunst- oder Geschäftsgeheimnis verletzen würde;
5. wenn andere gleich wichtige Gründe vorhanden sind, welche die Verweigerung der Vorlage rechtfertigen.

§ 306. Wenn einer der im §. 305 angeführten Gründe nur einzelne Theile des Inhaltes einer Urkunde betrifft, so ist ein beglaubigter Auszug der Urkunde vorzulegen.

§ 307. (1) Leugnet der Gegner den Besitz der Urkunde und erachtet das Gericht die durch die Urkunde zu beweisenden Thatsachen erheblich und zugleich die Verpflichtung zur Vorlage der Urkunde als bestehend, so kann die Vernehmung und eidliche Anhörung des Gegners durch gerichtlichen Beschluss zu dem Zwecke angeordnet werden, um zu ermitteln, ob der Gegner die Urkunde besitze oder doch wisse, wo dieselbe zu finden sei, oder ob die Urkunde nicht etwa von ihm oder auf seine Veranlassung, um sie dem Beweisführer zu entziehen, beseitigt oder zur Benützung untauglich gemacht worden sei.

(2) Welchen Einfluss es auf die Beurtheilung des Falles hat, wenn der Gegner dem Auftrage zur Vorlage der Urkunde, deren Besitz er zugegeben hat, nicht nachkommt oder wenn er bezüglich einer Urkunde, deren Besitz er leugnet, die Vernehmung oder die eidliche Aussage ablehnt oder wenn aus seiner Aussage hervorgeht, dass die Urkunde absichtlich beseitigt oder untauglich gemacht worden sei, ob insbesonders in diesen Fällen die Angaben des Beweisführers über den Inhalt der Urkunde als erwiesen anzusehen seien, bleibt dem durch sorgfältige Würdigung aller Umstände geleiteten richterlichen Ermessen überlassen.

 Vorlegung der Urkunde durch einen Dritten.

§ 308. (1) Wenn sich eine zur Beweisführung benöthigte Urkunde in der Hand eines Dritten befindet, welcher nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes oder deshalb zur Herausgabe und Vorlage der Urkunde verpflichtet ist, weil dieselbe ihrem Inhalte nach eine für den Beweisführer und den Dritten gemeinschaftliche ist (§. 304), so kann letzterem auf Antrag des Beweisführers vom Processgerichte durch Beschluss aufgetragen werden, die Urkunde innerhalb einer ihm zugleich zu bestimmenden Frist auf Kosten des Beweisführers bei dem Processgerichte behufs Benützung bei der mündlichen Verhandlung zu hinterlegen.

(2) Über eine solchen Antrag hat das Processgericht nach Anhörung des Gegners und des angeblichen dritten Besitzers der Urkunde zu entscheiden; falls letzterer den Besitz der Urkunde leugnet, kann dem Antrage nur dann stattgegeben werden, wenn die antragstellende Partei glaubhaft macht, dass sich die Urkunde in der Hand des Dritten befindet. Zum Zwecke der Einvernehmung der Betheiligten kann vom Processgerichte eine besondere Tagsatzung angeordnet werden. Der Beschluss ist nach Eintritt der Rechtskraft und nach Ablauf der angeordneten Vorlagefrist vollstreckbar.

(3) Bei Zurückweisung des Antrages sind dem angeblichen Besitzer der Urkunde auf sein Verlangen die ihm durch das Verfahren verursachten nothwendigen Kosten zu ersetzen.

§ 309. (1) Muss der angebliche Besitzer der Urkunde im Wege der Klage zur Herausgabe und Vorlage der Urkunde verhalten werden, weil nicht glaubhaft gemacht werden kann, dass sich die Urkunde in seiner Hand befindet oder weil die Entscheidung über das Vorhandensein der Pflicht zur Herausgabe und Vorlage der Urkunde die vorgängige Ermittlung und Feststellung streitiger Thatumstände verlangt, so kann das Processgericht, wenn es die durch die Urkunde zu beweisenden Thatsachen für erheblich hält, auf Antrag anordnen, dass mit der Fortsetzung der mündlichen Verhandlung bis nach Ablauf der gleichzeitig dem Beweisführer zur Vorlegung der Urkunde zu bestimmenden Frist gewartet werde (§ 279).

(2) Der Gegner des Beweisführers kann jedoch noch vor Ablauf dieser Frist die Fortsetzung der Verhandlung beantragen, wenn die Klage des Beweisführers gegen den Dritten früher erledigt ist, oder der Beweisführer die Erhebung der Klage oder die Betreibung des Processes oder der Execution verzögert.

(3) Die Vorlegung der Urkunde geschieht auf Kosten des Beweisführers.

Echtheitsbeweis

§ 310. (1) Urkunden, welche sich nach Form und Inhalt als öffentliche Urkunden darstellen, haben die Vermuthung der Echtheit für sich.

(2) Hält das Gericht die Echtheit für zweifelhaft, so kann es auf Antrag oder von amtswegen die Behörde oder die Person, von welcher die Urkunde errichtet sein soll, zu einer Erklärung über die Echtheit veranlassen. Lässt sich der Zweifel an der Echtheit der Urkunde nicht auf diese Art beseitigen, so obliegt der Beweis ihrer Echtheit demjenigen, der diese Urkunde als Beweismittel gebrauchen will.

§ 311. (1) Ob eine Urkunde, welche sich als von einer ausländischen Behörde oder von einer mit öffentlichem Glauben versehenen Person des Auslandes errichtet darstellt, ohne näheren Nachweis als echt anzusehen sei, hat das Gericht nach den Umständen des Falles zu ermessen.

(2) Zum Beweise der Echtheit einer solchen Urkunde genügt, sofern nicht durch besondere Bestimmungen etwas anderes festgesetzt ist, die Beglaubigung durch das Ministerium des Äußern oder durch einen österreichisch-ungarischen Gesandten oder Consul.

§ 312. (1) Die Echtheit einer Privaturkunde gilt als unbestritten, wenn der Gegner des Beweisführers es unterlassen hat, sich über die Echtheit der Urkunde zu erklären, soferne nicht die Absicht, die Echtheit zu bestreiten, aus den übrigen Erklärungen des Gegners hervorgeht. Befindet sich auf der Urkunde eine Namensunterschrift, so hat sich der Gegner des Beweisführers unter der gleichen Rechtsfolge auch über die Echtheit der Unterschrift zu erklären.

(2) Die bestrittene Echtheit einer Privaturkunde oder einer auf derselben befindlichen Namensunterschrift ist von demjenigen zu beweisen, der die Urkunde als Beweismittel gebrauchen will.

§ 313. Eine Partei, welche die Echtheit einer Urkunde in muthwilliger Weise bestritten hat, ist in eine Muthwillensstrafe zu verfällen.

Schriftvergleichung.

§ 314. (1) Der Beweis der Echtheit oder Unechtheit einer Urkunde kann auch durch Schriftvergleichung geführt werden.

(2) Als Vergleichungsschriften können nur solche Schriftstücke benützt werden, deren Echtheit unbestritten ist oder doch ohne erhebliche Verzögerung dargethan werden kann.

(3) Die Bestimmungen dieses Gesetzes über die Vorlegung von Beweisurkunden sind auch in Ansehung der Vorlegung von Vergleichungsschriften anzuwenden.

(4) Mangelt es an zureichenden Vergleichungsschriften, so kann derjenigen Partei, über deren Handschrift der Beweis der Echtheit hergestellt werden soll, aufgetragen werden, vor Gericht oder vor einem beauftragten oder ersuchten Richter eine Anzahl von ihr zu bezeichnenden Worten niederzuschreiben.

(5) Das Niedergeschriebene ist dem Verhandlungsprotokoll beizulegen. Welchen Einfluss es auf die Herstellung des Beweises hat, wenn die Partei einem solchen richterlichen Auftrage keine Folge leistet oder mit offenbar entstellter Schrift schreibt, bleibt der richterlichen Beurtheilung überlassen.

§ 315. (1) Die Vergleichung der Handschriften kann das Gericht selbst vornehmen oder, wenn sich ihm Zweifel ergeben, das Gutachten von Sachverständigen einholen.

(2) Über das Ergebnis der Schriftvergleichung ist vom Gerichte nach freier Überzeugung zu entscheiden.

Gerichtliche Aufbewahrung von Urkunden.

§ 316. Urkunden, deren Echtheit bestritten ist oder deren Inhalt verändert sein soll, können bis zur rechtskräftigen Erledigung des Processes bei Gericht zurückbehalten werden, sofern nicht ihre Ausfolgung an eine andere Behörde im Interesse der öffentlichen Ordnung erforderlich ist.

Erneuerung von Urkunden.

§ 317. (1) Wird eine auf Papier errichtete Privaturkunde unleserlich oder schadhaft, so kann deren Inhaber oder jeder andere Betheiligte vom Aussteller der Urkunde begehren, dass dieselbe auf Kosten des Antragstellers gerichtlich erneuert werde. Hiezu sind alle Personen zu laden, wider welche die Urkunde nach Lage der Sache zum Beweise dienen soll.

(2) Im Falle der Weigerung kann der Aussteller zu solcher Erneuerung nur im Wege der Klage verhalten werden.

Auskunftssachen.

§ 318. (1) Inwieweit durch Denkmäler, Grenzzeichen, Marksteine, Aich- und Heimpfähle und ähnliche Zeichen oder durch Kerb- oder Spannhölzer, welche die Parteien für ihren Verkehr erwiesenermaßen gebraucht haben, ein Beweis geliefert werde, hat das Gericht nach sorgfältiger Würdigung aller Umstände zu beurtheilen.

(2) Die Bestimmungen der §§. 303 bis 309 sind auch auf die Vorlegung von Auskunftssachen sinngemäß anzuwenden.

§ 319. (1) Gegen die zufolge §§. 298, 299, 300, 301, 309 Absatz 1 und 2, 310, 314 und 315 ergehenden gerichtlichen Beschlüsse, Anordnungen und Aufträge ist ein Rechtsmittel nicht zulässig.

(2) Die gemäß §§. 303, 307 und 316 gefassten Beschlüsse können durch ein abgesondertes Rechtsmittel nicht angefochten werden.

 

Vierter Titel.

Beweis durch Zeugen.

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