Verbotsgesetz 1947

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StF BGBl  13/1945 idF BGBl 148/1992

§§   1   2   3   3a   3b   3c   3d   3e   3f   3g   3h   3i   3j   4   5   6   7   8   9   10   11   12   13   14   16   17   18   19   20   23   27   27a   29  

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Artikel I: Verbot der NSDAP

§ 1. Die NSDAP, ihre Wehrverbände (SS, SA, NSKK, NSFK), ihre
Gliederungen und angeschlossenen Verbände sowie alle
nationalsozialistischen Organisationen und Einrichtungen überhaupt
sind aufgelöst; ihre Neubildung ist verboten.
Ihr Vermögen ist der Republik verfallen.

§ 2. Mandate der Mitglieder von Gebietskörperschaften oder
Berufsvertretungen, die unmittelbar oder mittelbar auf Grund von
Vorschlägen der NSDAP, der in § 1 genannten Organisationen und
Einrichtungen oder ihrer Mitglieder erlangt worden sind, sind
erloschen.

§ 3. Es ist jedermann untersagt, sich, sei es auch außerhalb
dieser Organisationen, für die NSDAP oder ihre Ziele irgendwie zu
betätigen.

§ 3a. Eines Verbrechens macht sich schuldig und wird mit
Freiheitsstrafe von zehn bis zu zwanzig Jahren, bei besonderer
Gefährlichkeit des Täters oder der Betätigung auch mit lebenslanger
Freiheitsstrafe bestraft:

1. wer versucht, eine gesetzlich aufgelöste nationalsozialistische
Organisation aufrechtzuerhalten oder wiederherzustellen oder mit
einer solchen Organisation oder einer in ihrem Namen handelnden
Person in Verbindung zu treten; als nationalsozialistische
Organisationen (§ 1) gelten: die NSDAP, die SS, die SA, das NSKK,
das NSFK, der NS-Soldatenring, der NS-Offiziersbund, alle sonstigen
Gliederungen der NSDAP und die ihr angeschlossenen Verbände sowie
jede andere nationalsozialistische Organisation;

2. wer eine Verbindung gründet, deren Zweck es ist, durch
Betätigung ihrer Mitglieder im nationalsozialistischen Sinn die
Selbständigkeit und Unabhängigkeit der Republik Österreich zu
untergraben oder die öffentliche Ruhe und den Wiederaufbau
Österreichs zu stören, oder wer sich in einer Verbindung dieser Art
führend betätigt;

3. wer den Ausbau einer der in der Z. 1 und der Z. 2 bezeichneten
Organisationen und Verbindungen durch Anwerbung von Mitgliedern,
Bereitstellung von Geldmitteln oder in ähnlicher Weise fördert, die
Mitglieder einer solchen Organisation oder Verbindung mit
Kampfmitteln, Verkehrsmitteln oder Einrichtungen zur
Nachrichtenübermittlung ausrüstet oder in ähnlicher Weise die
Tätigkeit einer solchen Organisation oder Verbindung ermöglicht oder
unterstützt;

4. wer für eine solche Organisation oder Verbindung Kampfmittel,
Verkehrsmittel oder Einrichtungen zur Nachrichtenübermittlung
herstellt, sich verschafft oder bereithält.

§ 3b. Wer an einer Organisation oder Verbindung der in § 3a
bezeichneten Art teilnimmt oder sie durch Geldzuwendungen oder in
anderer Weise unterstützt, wird, wenn die Handlung nicht nach § 3a
strafbar ist, wegen Verbrechens mit Freiheitsstrafe von fünf bis zu
zehn Jahren, bei besonderer Gefährlichkeit des Täters oder der
Betätigung bis zu zwanzig Jahren, bestraft.

§ 3c. Die Strafbarkeit der in den §§ 3a und 3b bezeichneten
Handlungen erlischt, wenn der Schuldige aus eigenem Antrieb, ehe die
Behörde sein Verschulden erfährt, alles, was ihm von der
Organisation oder Verbindung und ihren Plänen bekannt ist, zu einer
Zeit, da es noch geheim war und ein Schaden verhütet werden konnte,
der Behörde entdeckt.

§ 3d. Wer öffentlich oder vor mehreren Leuten, in Druckwerken,
verbreiteten Schriften oder bildlichen Darstellungen zu einer der
nach § 1 oder § 3 verbotenen Handlungen auffordert, aneifert oder zu
verleiten sucht, insbesondere zu diesem Zweck die Ziele der NSDAP,
ihre Einrichtungen oder Maßnahmen verherrlicht oder anpreist, wird,
sofern sich darin nicht ein schwerer verpöntes Verbrechen darstellt,
mit Freiheitsstrafe von fünf bis zu zehn Jahren, bei besonderer
Gefährlichkeit des Täters oder der Betätigung bis zu zwanzig Jahren,
bestraft.

§ 3e. (1) Wer die Begehung eines Mordes, eines Raubes, einer
Brandlegung, eines Verbrechens nach §§ 85, 87 oder 89 des
Strafgesetzes oder eines Verbrechens nach § 4 des
Sprengstoffgesetzes als Mittel der Betätigung im
nationalsozialistischen Sinn mit einem anderen verabredet, wird mit
Freiheitsstrafe von zehn bis zu zwanzig Jahren, bei besonderer
Gefährlichkeit des Täters oder der Betätigung auch mit lebenslanger
Freiheitsstrafe bestraft.

(2) Nach Abs. (1) wird nicht bestraft, wer sich in eine
Verabredung der dort bezeichneten Art eingelassen hat, in der Folge
aber aus eigenem Antrieb, ehe die Behörde sein Verschulden erfährt,
alles, was ihm von der Verabredung bekannt ist, der Behörde zu einer
Zeit entdeckt, da es noch geheim war und das beabsichtigte
Verbrechen verhütet werden konnte.

§ 3f. Wer einen Mord, einen Raub, eine Brandlegung, ein Verbrechen
nach §§ 85, 87 oder 89 des Strafgesetzes oder ein Verbrechen nach
§ 4 des Sprengstoffgesetzes als Mittel der Betätigung im
nationalsozialistischen Sinn versucht oder vollbringt, wird mit
Freiheitsstrafe von zehn bis zu zwanzig Jahren, bei besonderer
Gefährlichkeit des Täters oder der Betätigung auch mit lebenslanger
Freiheitsstrafe bestraft.

§ 3g. Wer sich auf andere als die in den §§ 3a bis 3f
bezeichnete Weise im nationalsozialistischen Sinn betätigt, wird,
sofern die Tat nicht nach einer anderen Bestimmung strenger strafbar
ist, mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren, bei
besonderer Gefährlichkeit des Täters oder der Betätigung bis zu 20
Jahren bestraft.

§ 3h. Nach § 3g wird auch bestraft, wer in einem Druckwerk, im
Rundfunk oder in einem anderen Medium oder wer sonst öffentlich auf
eine Weise, daß es vielen Menschen zugänglich wird, den
nationalsozialistischen Völkermord oder andere
nationalsozialistische Verbrechen gegen die Menschlichkeit leugnet,
gröblich verharmlost, gutheißt oder zu rechtfertigen sucht.

§ 3i. Wer von einem Unternehmen der in §§ 3a, 3b, 3d oder 3e
bezeichneten Art oder von einer Person, die sich in ein solches
Unternehmen eingelassen hat, zu einer Zeit, in der ein Schaden
verhütet werden konnte, glaubhafte Kenntnis erhält und es
vorsätzlich unterläßt, der Behörde Anzeige zu erstatten, obgleich er
sie machen konnte, ohne sich, seine Angehörigen (§ 216 St. G.) oder
unter seinem gesetzlichen Schutze stehende Personen einer Gefahr
auszusetzen, wird mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren
bestraft.

§ 3j. Die Hauptverhandlung und Urteilsfällung wegen der in den
§§ 3a bis 3i bezeichneten Verbrechen obliegt dem
Geschworenengericht.

Beachte

Gem. Art. I § 1 Abs. 1 BVG, BGBl. Nr. 82/1957 (NS-Amnestie 1957)
finden ab dessen Inkrafttreten Verzeichnungen in den besonderen
Listen gem. § 4 VerbotsG 1947 nicht mehr statt.

Artikel II: Registrierung der Nationalsozialisten.

§ 4. (1) Alle Personen, die ihren ordentlichen Wohnsitz oder
dauernden Aufenthalt im Gebiet der Republik Österreich haben und -
wenn auch nur zeitweise - zwischen dem 1. Juli 1933 und dem
27. April 1945

a) der NSDAP oder ihren Wehrverbänden SS oder SA oder

b) dem NS-Soldatenring oder dem NS-Offiziersbund angehört haben
oder

c) Führer in den Wehrverbänden NSKK oder NSFK vom Untersturmführer
oder Gleichgestellten aufwärts oder Funktionäre in einer
sonstigen Gliederung, Organisation oder in einem sonstigen
angeschlossenen Verband von dem einem Ortsgruppenleiter der
NSDAP entsprechenden Rang aufwärts oder Angehörige der Gestapo
oder des SD waren,

werden in besonderen Listen verzeichnet.
Desgleichen werden verzeichnet

d) Verfasser von Druckschriften jedweder Art oder von
Filmdrehbüchern, die von der beim Bundesministerium für
Unterricht gebildeten Kommission wegen ihres
nationalsozialistischen Gehaltes als verbotene Werke erklärt
wurden,

e) Leiter von industriellen, finanziellen und sonstigen
wirtschaftlichen Unternehmungen, die nach amtlichen und gehörig
belegten Berichten der zuständigen Standesvertretungen, der
Gewerkschaften oder der Parteien von der im § 7 genannten
Kommission für schuldig befunden wurden, tatkräftig an der
Erreichung der Ziele der NSDAP oder ihrer angeschlossenen
Organisationen mitgearbeitet, die Grundsätze des
Nationalsozialismus unterstützt, für diese Propaganda gemacht
oder nationalsozialistische Organisationen oder ihr Tätigkeiten
finanziert und durch eine dieser Handlungen die Interessen
eines unabhängigen und demokratischen Österreich geschädigt zu
haben.

(2) Als Angehöriger der NSDAP ist anzusehen, wer als Mitglied in
diese Partei aufgenommen worden ist (Parteimitglied) oder wer durch
Aufnahme als Parteianwärter die Anwartschaft auf die
Parteimitgliedschaft und das Recht zum vorläufigen Tragen des
Parteiabzeichens erworben hat (Parteianwärter).

(3) Die Dauer des die Registrierungspflicht begründenden
Zustandes, Parteiauszeichnungen, Funktionen sowie die besonderen mit
Rechtsfolgen verbundenen Umstände, insbesondere auch die
Zugehörigkeit zu einer bestimmten Personengruppe (§ 17), sind in den
Listen besonders zu vermerken.

(4) Durch Verordnung kann bestimmt werden, welche Personen als
Funktionäre im Sinne dieses Verfassungsgesetzes anzusehen sind.

(5) Von der Verzeichnung gemäß Abs. (1) sind ausgenommen:

a) Parteianwärter, deren Aufnahme in die NSDAP aus politischen
Gründen abgelehnt wurde, soweit dies von der im § 7 genannten
Kommission auf Grund der vorgebrachten Beweise mit Bescheid
festgestellt worden ist;

b) Parteimitglieder, Angehörige der SA und Parteianwärter, die aus
politischen Gründen vor dem 1. Jänner 1945 ausgeschlossen
wurden und dagegen keine Berufung eingelegt haben oder vor dem
1. Jänner 1944 ausgetreten sind;

c) Parteimitglieder und Parteianwärter, die sich aus politischen
Gründen während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft
entweder in gerichtlicher oder polizeilicher Haft von
mindestens einem Monat befunden haben oder die beweisen können,
daß sie durch gerichtliche oder staatspolizeiliche Maßnahmen
aus solchen Gründen größere Schädigungen erlitten haben, sofern
sie sich nicht später im Sinne der NSDAP betätigt haben;

d) Personen, die lediglich einer Betriebs-SA oder
SA-Wehrmannschaft angehört haben, ohne eine Funktion vom
Untersturmführer oder Gleichgestellten aufwärts bekleidet zu
haben;

e) Personen, denen die Provisorische Staatsregierung eine Ausnahme
von der Behandlung nach den Bestimmungen des Artikels II
zugebilligt hat;

f) Personen, die nachweisen können, daß sie mit der Waffe in der
Hand in den Reihen der alliierten Armeen gekämpft haben.

Beachte
Gem. Art. I § 1 Abs. 1 BVG BGBl. Nr. 82/1957 (NS-Amnestie 1957)
finden ab dessen Inkrafttreten Anmeldungen zur Verzeichnung nach § 5
VerbotsG 1947 nicht mehr statt.

§ 5. (1) Jeder nach § 4 zu Verzeichnende hat die Anmeldung selbst
zu erstatten. Jedermann, jede Behörde und jede Körperschaft des
öffentlichen Rechtes ist zur Auskunftserteilung verpflichtet.

(2) Registrierungspflichtige, die ihren Wohnsitz innerhalb der
Republik Österreich seit 13. März 1938 gewechselt haben, sind
verpflichtet, alle Anschriften bei der Anmeldung anzugeben.

(3) Die Registrierungsbehörde ist verpflichtet, die Anmeldung den
Registrierungsbehörden mitzuteilen, die für die früheren Wohnsitze
zuständig waren. Diese Mitteilungen sind den Verzeichnissen nach
Abs. (1) als Anhang anzuschließen.

Beachte

Gem. Art. I § 1 Abs. 2 BVG, BGBl. Nr. 82/1957 (NS-Amnestie 1957)
entfällt die öffentliche Auflegung der Registrierungslisten.

§ 6. Die Listen sind nach Ortsgemeinden, in Wien und anderen
großen Städten nach Bezirken, Gassen, beziehungsweise nach
Hausnummern anzulegen. Sie sind öffentlich aufzulegen. Jedermann
kann davon Abschriften herstellen.

§ 7. (1) Außer in den im § 4, Abs. (5), a, erwähnten Fällen kann
wegen der Aufnahme vermeintlich nicht Registrierungspflichtiger oder
der Nichtaufnahme vermeintlich Registrierungspflichtiger jedermann
mündlich oder schriftlich Einspruch und Beschwerde erheben. Dies
gilt auch für Vermerke im Sinne des § 4, Abs. (3). Über Einsprüche
und Beschwerden entscheiden die Verwaltungsbehörden, in letzter
Instanz eine Kommission beim Staatsamt für Inneres, die aus einem
Richter als Vorsitzenden und sechs anderen Mitgliedern besteht, von
denen mindestens zwei die Eignung zum Richteramt haben müssen.

(2) Die in den besonderen Listen nach rechtskräftigem Abschluß des
Registrierungsverfahrens verzeichneten und vermerkten Umstände sind
für alle Gerichte und Verwaltungsbehörden bindend festgestellt, für
die Gerichte jedoch, soweit sie im Strafverfahren nach der
Strafprozeßordnung zu entscheiden haben, nur dann, wenn die
Kommission beim Bundesministerium für Inneres schon entschieden hat.

(3) Ist die Entscheidung eines Gerichtes oder einer
Verwaltungsbehörde von der Feststellung von Umständen abhängig, die
in den besonderen Listen zu verzeichnen oder zu vermerken sind, so
haben diese Behörden ihr Verfahren von Amts wegen bis zur
rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens nach Abs. (1) zu
unterbrechen, zugleich alle ihnen bekanntgewordenen Umstände der
nach Abs. (1) zuständigen Behörde anzuzeigen und erforderlichenfalls
um Einleitung des Verfahrens nach Abs. (1) zu ersuchen. Die
Fortsetzung des unterbrochenen Verfahrens erfolgt auf Antrag oder
von Amts wegen. Diese Bestimmungen gelten nicht für das gerichtliche
Strafverfahren.

(4) Die Registrierungsbehörden haben nach rechtskräftiger
Beendigung des Registrierungsverfahrens auf Antrag oder auf Ersuchen
von Behörden über den Inhalt der Eintragungen in die besonderen
Listen Auszüge aus dem Register zu erteilen sowie
Registrierungskarten auszustellen. Das Nähere über die
Registrierungskarten wird durch Verordnung bestimmt.

Beachte

Gem. Art. III § 12 Abs. 1 Z 1 BVG BGBl. Nr. 82/1957 (NS-Amnestie
1957) ist ein Strafverfahren wegen des Verbrechens nach § 8 des
Verbotsgesetzes 1947 nicht einzuleiten. Gem. Art. III § 12 Abs. 2
BVG, BGBl. Nr. 82/1957 (NS-Amnestie 1957) sind eingeleitete
Strafverfahren einzustellen. Gem. Art. III § 14 Abs. 1 Z 1 BVG,
BGBl. Nr. 82/1957 (NS-Amnestie 1957) sind verhängte Strafen, soweit
sie noch nicht vollstreckt sind, nachgesehen. Gem. Art. III § 15
Abs. 1 Z 2 BGBl. Nr. 82/1957 (NS-Amnestie) gelten verbüßte
Verurteilungen wegen des Verbrechens nach § 8 Verbotsgesetz 1947
als
getilgt.

§ 8. Wer die Anmeldung unterläßt oder über wesentliche Umstände
unvollständige oder unrichtige Angaben macht oder etwas unternimmt,
um die Aufnahme eines Registrierpflichtigen in die Liste oder die
Vornahme eines Vermerkes zu vereiteln oder die Aufnahme eines
Nichtregistrierpflichtigen oder eines unrichtigen Vermerkes zu
erwirken, macht sich des Verbrechens des Betruges schuldig und ist
hiefür mit Freiheitsstrafe von einem bis zu fünf Jahren zu
bestrafen.

§ 9. Die näheren Vorschriften über die Anlegung und Auflegung der
Listen, das hiebei einzuhaltende Verfahren sowie über das
Rechtsmittelverfahren werden durch Verordnung getroffen.

Beachte

Gem. Art. III § 12 Abs. 1 Z 2 BVG BGBl. Nr. 82/1957 (NS-Amnestie
1957) ist ein Strafverfahren wegen des Verbrechens nach § 10 Abs. 1
VerbotsG 1947 nicht einzuleiten. Gemäß Art. III Abs. 2 NS-Amnestie
1957 sind eingeleitete Strafverfahren einzustellen. Gemäß Art. III
§ 14 Abs. 1 Z 2 NS-Amnestie 1957 sind verhängte Strafen gem. § 10
Abs. 1 VerbotsG 1947, soweit sie noch nicht vollstreckt sind,
nachgesehen. Gemäß Art. III § 15 Abs. 1 Z 2 NS-Amnestie 1957 gelten
Verurteilungen wegen des Verbrechens nach § 10 Abs. 1
Verbotsgesetz 1947 als getilgt.

Artikel III: Strafrechtliche Sonderbestimmungen.

§ 10. (1) Wer in der Zeit zwischen dem 1. Juli 1933 und dem
13. März 1938 nach Vollendung des 18. Lebensjahres jemals der NSDAP
angehört hat und während dieser Zeit oder später sich für die
nationalsozialistische Bewegung betätigt hat oder Angehöriger eines
der Wehrverbände der NSDAP (SS, SA, NSKK, NSFK) oder des
NS-Soldatenringes oder des NS-Offiziersbundes gewesen ist oder wer
von der NSDAP als "Altparteigenosse" oder "Alter Kämpfer" anerkannt
worden ist, hat sich des Verbrechens des Hochverrates im Sinne des
§ 58 des St. G. schuldig gemacht und ist wegen dieses Verbrechens
mit Freiheitsstrafe in der Dauer von fünf bis zu zehn Jahren zu
bestrafen.

(2) Die Verfolgung auf Grund dieser Bestimmung findet statt, wenn
nach Ansicht der Bundesregierung hochverräterische Umtriebe zunehmen
oder wenn nach dem Inkrafttreten dieses Verfassungsgesetzes in
seiner ursprünglichen Fassung der Täter sich für die NSDAP, für eine
ihrer Gliederungen oder einen ihrer Verbände irgendwie betätigt hat,
sich eines Verbrechens oder eines gegen die öffentliche Ruhe und
Ordnung verstoßenden Vergehens oder einer solchen Übertretung
schuldig gemacht oder sonst eine strafbare Handlung aus habsüchtigen
oder anderen verwerflichen Beweggründen begangen hat.

Beachte

Gem. Art. III § 12 Abs. 1 Z 2 BVG BGBl. Nr. 82/1957 (NS-Amnestie
1957) ist ein Strafverfahren wegen des Verbrechens nach § 11 VerbotsG
1947 nicht einzuleiten. Gemäß Art. III § 12 Abs. 2 BGBl. Nr. 82/1957
(NS-Amnestie) sind eingeleitete Strafverfahren einzustellen. Gemäß
Art. III § 14 Abs. 1 Z 2 BGBl. Nr. 82/1957 (NS-Amnestie) sind
verhängte Strafen gem. § 11 Abs. 1 VerbotsG 1947, soweit sie noch
nicht vollstreckt sind, nachgesehen. Gemäß Art. III § 15 Abs. 1 Z 2
BGBl. Nr. 82/1957 (NS-Amnestie) gelten Verurteilungen wegen des
Verbrechens nach § 11 Verbotsgesetz 1947 als getilgt.

§ 11. (1) Ist eine der im § 10, Abs. (1), genannten Personen
politischer Leiter vom Ortsgruppenleiter oder Gleichgestellten
aufwärts gewesen oder hat sie einem der Wehrverbände oder einer
anderen Gliederung mit dem Rang vom Untersturmführer oder
Gleichgestellten aufwärts angehört oder ist sie Blutordensträger oder
Träger einer sonstigen Parteiauszeichnung gewesen oder hat sie in
Verbindung mit ihrer Betätigung für die NSDAP, für einen ihrer
Wehrverbände oder für den NS-Soldatenring oder den NS-Offiziersbund
Handlungen aus besonders verwerflicher Gesinnung, besonders
schimpfliche Handlungen oder Handlungen, die den Gesetzen der
Menschlichkeit gröblich widersprechen, begangen, so wird sie mit
Freiheitsstrafe von 10 bis zu 20 Jahren bestraft, wenn die Tat nicht
nach einer anderen Bestimmung strenger strafbar ist.

(2) Durch Verordnung kann bestimmt werden, welche Auszeichnungen
als Parteiauszeichnungen zu gelten haben.

Beachte

Gem. Art. III § 12 Abs. 1 Z 2 BVG BGBl. Nr. 82/1957 (NS-Amnestie
1957) ist ein Strafverfahren wegen des Verbrechens nach § 12 VerbotsG
1947 nicht einzuleiten. Gemäß Art. III § 12 Abs. 2 BGBl. Nr. 82/1957
(NS-Amnestie) sind eingeleitete Strafverfahren einzustellen. Gemäß
Art. III § 14 Abs. 1 Z 2 BGBl. Nr. 82/1957 (NS-Amnestie) sind
verhängte Strafen gem. § 12 VerbotsG 1947, soweit sie noch nicht
vollstreckt sind, nachgesehen. Gemäß Art. III § 15 Abs. 1 Z 2 BGBl.
Nr. 82/1957 (NS-Amnestie) gelten Verurteilungen wegen des
Verbrechens nach § 12 Verbotsgesetz 1947 als getilgt.

§ 12. In gleicher Weise ist strafbar, wer in der Zeit zwischen dem
1. Juli 1933 und dem 13. März 1938 durch beträchtliche finanzielle
Zuwendungen die NSDAP, einen ihrer Wehrverbände (SS, SA, NSKK, NSFK,
den NS-Soldatenring, den NS-Offiziersbund) ihre Gliederungen und
angeschlossenen Verbände oder eine nationalsozialistische
Organisation oder Einrichtung überhaupt gefördert hat oder wer durch
Schädigung des österreichischen Wirtschaftslebens für Zwecke einer
der angeführten Organisationen den Bestand des selbständigen Staates
Österreich zu untergraben unternommen hat.

Beachte

Gem. Art. I § 1 Abs. 1 BVG, BGBl. Nr. 82/1957 (NS-Amnestie 1957)
finden ab dessen Inkrafttreten Verzeichnungen in den besonderen
Listen gem. § 13 VerbotsG 1947 nicht mehr statt.
Beachte weiters die Bestimmungen des Art. I und II des BVG, BGBl.
Nr. 82/1957.

§ 13. Nach §§ 10, 11 oder 12 dieses Verfassungsgesetzes oder nach
dem Kriegsverbrechergesetz vom 26. Juni 1945, St. G. Bl. Nr. 32, in
der Fassung der Kriegsverbrechergesetznovelle vom 18. Oktober 1945,
St. G. Bl. Nr. 199, rechtskräftig verurteilte Personen sind in den
besonderen Listen von Amts wegen zu verzeichnen. Es gelten für ihre
Verzeichnung im übrigen die Bestimmungen des § 4.

§ 14. Amnestiebestimmungen und Gnadenerlässe stehen der
Verurteilung wegen eines nach diesem Artikel strafbaren Verhaltens
nicht entgegen.

§ 16. Die Verjährung der in diesem Verfassungsgesetz unter Strafe
gestellten Handlungen beginnt frühestens mit dem 6. Juni 1945.

Beachte

Gemäß Art. II § 7 BVG, BGBl. Nr. 82/1957 (NS-Amnestie 1957) enden
ab diesem Inkrafttreten die im Verbotsgesetz 1947 enthaltenen
Sühnefolgen für die im § 17 Abs. 2 und 3 des Verbotsgesetzes 1947
genannten Personen, sofern sie nicht bereits (§ 1 BVG,
BGBl. Nr. 70/1948; § 1 BVG, BGBl. Nr. 99/1948; § 1 Abs. 1 BVG,
BGBl. Nr. 283/1955) geendet haben. Beachte weiters die Bestimmungen
des Art. I und II des BVG, BGBl. Nr. 82/1957 (NS-Amnestie 1957).

Artikel IV: Bestimmungen über sühnepflichtige Personen.

§ 17. (1) Die in die besonderen Listen einzutragenden Personen
sind mit Ausnahme der im Abs. (4) genannten sühnepflichtig. Die
Sühnepflichtigen werden in belastete und minderbelastete Personen
unterschieden.

(2) Belastete Personen sind:

a) Personen, die jemals politische Leiter vom Zellenleiter oder
Gleichgestellten aufwärts waren;

b) Angehörige der SS;

c) Angehörige der SA, des NSKK und des NSFK, die jemals Führer vom
Untersturmführer oder Gleichgestellten aufwärts waren, ferner
Angehörige der Gestapo oder des SD;

d) Funktionäre sonstiger Gliederungen, Organisationen oder
angeschlossener Verbände, die einen Posten bekleideten, der dem
Ortsgruppenleiter der NSDAP, beziehungsweise dem
Untersturmführer im Rang zumindest gleich war, und Leiter von
industriellen, finanziellen und sonstigen wirtschaftlichen
Unternehmungen und die im § 4, Abs. (1), d, erwähnten Personen,
diese beiden Gruppen, wenn sie von den im § 4 erwähnten
Kommissionen als belastet befunden wurden;

e) Personen, die für ihre Tätigkeit für die NSDAP mit dem
Blutorden vom 9. November 1923, dem Goldenen Ehrenzeichen der
NSDAP, einer Dienstauszeichnung der NSDAP (in Bronze, Silber
oder Gold) oder dem Goldenen Ehrenzeichen der Hitler-Jugend
ausgezeichnet wurden;

f) Personen, die nach §§ 10, 11 oder 12 dieses Verfassungsgesetzes
oder nach dem Kriegsverbrechergesetz vom 26. Juni 1945,
St. G. Bl. Nr. 32, in der Fassung der
Kriegsverbrechergesetznovelle vom 18. Oktober 1945, St. G. Bl.
Nr. 199, rechtskräftig verurteilt worden sind.

(3) Minderbelastete Personen sind alle übrigen gemäß § 4 in die
besonderen Listen einzutragenden Personen.

(4) Von der Sühnepflicht sind ausgenommen:

a) Minderbelastete Personen von der Vollendung des
70. Lebensjahres an,

b) minderbelastete Personen, wenn sie der Versehrtenstufe III
angehören,

c) belastete Personen, wenn sie der Versehrtenstufe IV angehören,
von der Verpflichtung zur Entrichtung der Sühneabgabe (IX. Hauptstück
des Nationalsozialistengesetzes) jedoch nur, wenn ihr Einkommen nicht
200 S im Monat überschreitet zuzüglich 50 S pro Monat für jedes
Familienmitglied, für dessen Unterhalt der Abgabepflichtige zu sorgen
hat. Überschreitet das Einkommen diese Grenze, so wird die laufende
Sühneabgabe nur von dem Mehreinkommen eingehoben.

§ 18. Belastete Personen im Sinne des § 17, Abs. (2), haben die
nachstehenden Sühnefolgen zu tragen:

a) Sie unterliegen unbeschadet eines Strafverfahrens nach anderen
Bestimmungen dieses Verfassungsgesetzes und unabhängig von
seinem Ausgang einer laufenden und einer einmaligen Sühneabgabe
nach den Bestimmungen des IX. Hauptstückes des
Nationalsozialistengesetzes.

b) Sie sind aus einem öffentlich-rechtlichen oder sonstigen
Dienstverhältnis zum Bund, zu den Ländern (zu der Stadt Wien),
zu den Gemeinden, zu sonstigen öffentlich-rechtlichen
Körperschaften und zu von diesen verwalteten oder
beaufsichtigten Körperschaften, Fonds, Anstalten, Betrieben und
Unternehmungen sowie zur Österreichischen Nationalbank
entlassen. Die Entlassenen haben aus diesem Dienstverhältnis
keinen Anspruch auf Ruhegenuß oder Abfertigung, ihre Angehörigen
keinen solchen auf Versorgungsgenuß. Empfängern von Ruhegenüssen
aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis oder von
Versorgungsgenüssen nach einem öffentlichen Bediensteten wird
der Ruhe- oder Versorgungsgenuß eingestellt. Die genannten
Personen können nicht in den öffentlichen Dienst aufgenommen
werden. In Fällen äußerster Not können Unterhaltsbeiträge unter
sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen des § 98 des Gesetzes vom
25. Jänner 1914, R. G. Bl. Nr. 15 (Dienstpragmatik), von der
Dienstbehörde (dem Dienstgeber) zuerkannt werden. Sie können an
einer Hochschule als Privatdozent nicht zugelassen werden.

c) Sie sind in der gesamten Wirtschaft von der Bekleidung eines
leitenden Postens (einschließlich der Stellung eines
Prokuristen, Handlungsbevollmächtigten oder Abteilungsleiters)
ausgeschlossen.

d) Sie sind von der Führung eines Unternehmens oder Betriebes, aus
welchem Titel immer, ausgeschlossen, in denen mindestens ein
Dienstnehmer beschäftigt ist. Dies gilt auch für Unternehmen
oder Betriebe, in denen kein Dienstnehmer beschäftigt ist, wenn
am 1. Jänner 1945 mindestens ein Dienstnehmer beschäftigt war.
Als Dienstnehmer gelten nicht der Ehegatte, die Eltern und die
Kinder des Unternehmers sowie deren Ehegatten.

e) Sie können die Berufe eines öffentlichen Wirtschaftsprüfers,
eines Steuerberaters, eines Helfers in Steuersachen, eines
vereidigten Buchprüfers, eines gewerblichen Buchrevisors, eines
Finanz- und Wirtschaftsberaters sowie eines Gebäudeverwalters
nicht bekleiden; ferner nicht das Fremdenbeherbergungsgewerbe,
die Gewerbe, die auf mechanischem oder chemischem Wege die
Vervielfältigung von literarischen Erzeugnissen oder den Handel
mit solchen zum Gegenstand haben, mit Ausnahme des im § 21,
Abs. (5), Gew.O. umschriebenen Handels mit Presseerzeugnissen,
sowie Theater-, Konzert-, Kino-, Varieté-, Zirkus- und andere
Veranstaltungsunternehmungen, Filmverleihunternehmungen,
Tabakverschleißgeschäfte, Geschäftsstellen der Klassenlotterie
oder Lottokollekturen betreiben.

f) Sie können weder den Beruf eines Rechtsanwaltes
(Rechtsanwaltsanwärters), eines Notars (Notariatskandidaten),
eines Verteidigers in Strafsachen, eines Patentanwaltes
(Patentanwaltsanwärters) ausüben noch in den Kanzleien der
obengenannten Personen beschäftigt sein. Sie können ferner den
Beruf eines beratenden Ingenieurs oder eines behördlich
autorisierten und beeideten Ziviltechnikers und den Beruf eines
Arztes nicht ausüben. Schließlich können sie bis zum 30. April
1955 den Beruf eines Zahnarztes, Pharmazeuten, Dentisten
(Zahntechnikers) oder eines Tierarztes nicht ausüben.

g) Sie können das Gast- und Schankgewerbe und den Großhandel mit
Lebensmitteln bis 30. April 1950 nicht betreiben.

h) Sie können sich nicht an der Gestaltung des Inhaltes einer
Zeitung [§ 2, Abs. (2), des Pressegesetzes], einer
Zeitungskorrespondenz oder eines Sammelwerkes, sei es durch
regelmäßige Beiträge, sei es durch unregelmäßige Mitarbeit oder
in irgendeiner anderen Weise, beteiligen; sie können ferner
nicht ein Werk der Literatur, dessen Urheber sie sind [§§ 2
und 10, Abs. (1), des Urheberrechtsgesetzes, B. G. Bl.
Nr. 111/1936], der Öffentlichkeit zugänglich machen.

i) Auf sie finden die besonderen Bestimmungen der Gesetze über
Wohnungsanforderung, Wirtschaftssäuberung und Arbeitspflicht
Anwendung. Mit ihnen als Mieter oder Pächter abgeschlossene
Bestandverträge können unter Einhaltung der gesetzlichen
Kündigungsfrist aufgelöst werden.

j) 1. Sie müssen zu Arbeiten herangezogen werden. Sie können in
einem Lager angehalten werden, wenn außer den Umständen, die
ihre Behandlung als belastete Personen begründen,
erwiesenermaßen noch andere Tatsachen vorliegen, die sie für
die demokratische Regierungsform der Republik Österreich als
äußerst gefährlich erscheinen lassen. Die Dauer der Anhaltung
soll erstmalig sechs Monate nicht überschreiten, kann aber
jeweils für weitere Zeiträume von je sechs Monaten durch
Verfügung bis auf insgesamt zwei Jahre verlängert werden.

2. Die Anhaltung in einem Lager kann nur vom Volksgericht
verfügt werden, das unter seiner normalen Prozeßordnung
arbeitet.

3. In der Regel kann eine Person in diesem Verfahren nur auf
Grund eines richterlichen Befehles verhaftet werden. Ist sie
vorher von der Sicherheitsbehörde in Verwahrung genommen
worden, so muß das Gericht innerhalb von 15 Tagen, von dem Tag
der Festnahme gerechnet, über die Fortdauer der Haft
entscheiden, widrigenfalls der Festgenommene auf freien Fuß zu
setzen ist.

4. Jeder in einem Lager Angehaltene ist berechtigt, den
Antrag zu stellen, daß er vorzeitig entlassen oder die
Notwendigkeit der Anhaltung neuerlich überprüft werde. Ein
solcher Antrag darf jedoch erst nach Ablauf von sechs Monaten
gestellt oder wiederholt werden.

5. Die Lager stehen unter der Aufsicht des Präsidenten des
mit Strafsachen befaßten Gerichtshofes I. Instanz, in dessen
Sprengel sie sich befinden.

6. Die näheren Bestimmungen, insbesondere über den Vorgang,
wie belastete Personen vor das Volksgericht gestellt werden,
und über das in der Z. 4 vorgesehene Überprüfungsverfahren
werden durch Bundesgesetz erlassen.

k) Sie sind auf Lebenszeit vom passiven Wahlrecht in eine
gesetzgebende oder andere öffentlich-rechtliche Körperschaft
ausgeschlossen. Sie sind bis 30. April 1950 vom aktiven
Wahlrecht sowie bis zum 30. April 1955 von dem Amt eines
Geschworenen oder Schöffen ausgeschlossen.

l) Sie können bis 30. April 1950 einer politischen Partei nicht
angehören.

m) Sie können Ausschüssen, Vorständen, Leitungen,
Verwaltungsräten, Aufsichtsräten und sonstigen Vertretungs-
oder Verwaltungskörpern von Vereinen und allen sonstigen mit
Rechtspersönlichkeit ausgestatteten Einrichtungen nicht
angehören.

n) Sie können der Akademie der Wissenschaften (der
Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien) weder als
wirkliche noch als korrespondierende Mitglieder angehören.

o) Sie müssen bis zum 30. April 1950 von der Zulassung zum
Hochschulstudium ausgeschlossen werden.

p) Sie müssen bis zum 30. April 1950 vom öffentlichen Auftreten
als frei schaffende oder als darstellende Künstler
(Schauspieler, Sänger, Tänzer), als Dirigenten, Musiker,
Regisseure, Bühnenbildner ausgeschlossen werden, außer in den
Fällen, in denen eine beim Bundesministerium für Unterricht
eingesetzte besondere Kommission nach gehöriger Prüfung
entscheidet, daß eine dieser Personen ihren Beruf weiter
ausüben darf.

§ 19. (1) Minderbelastete Personen im Sinne des § 17, Abs. (3),
haben die nachstehenden Sühnefolgen zu tragen:

a) Sie unterliegen unbeschadet eines Strafverfahrens nach anderen
Bestimmungen dieses Verfassungsgesetzes und unabhängig von
seinem Ausgang einer laufenden und einer einmaligen Sühneabgabe
nach den Bestimmungen des IX. Hauptstückes des
Nationalsozialistengesetzes.

b) Sie können im öffentlichen Dienst nur bei Bedarf und nur nach
besonderer Prüfung ihres politischen Verhaltens vor dem
27. April 1945 verwendet werden. Jedenfalls gelten die
nachfolgenden Bestimmungen:

aa) Sie können eine Lehrkanzel für Philosophie, Psychologie,
Pädagogik, Geschichte, mittlere oder neuere deutsche
Literaturgeschichte, Volkswirtschaftslehre,
Volkswirtschaftspolitik, Sozialpolitik, Gesellschaftslehre,
ein Rechtsfach oder für ein Teilgebiet dieser Fächer nur
innehaben, wenn auf ihren Antrag die beim Bundesministerium
für Unterricht zu errichtende Komission (Anm.: richtig:
Kommission) diese Tätigkeit gestattet. Die Bestätigung der
Lehrbefugnis als Privatdozent kann widerrufen werden. Eine
solche Bestätigung ist zu widerrufen, wenn die Lehrbefugnis
die im ersten Satz besonders genannten Fächer oder eines
ihrer Teilgebiete umfaßt. In diesem Fall kann die
Lehrbefugnis auf Ansuchen des betroffenen Privatdozenten
auf Antrag der beim Bundesministerium für Unterricht
zu errichtenden Kommission wieder erteilt werden. Sie
können ferner als Hochschulassistenten für ein solches Fach
nur tätig sein, wenn auf ihren Antrag diese Kommission eine
derartige Berufstätigkeit gestattet;

bb) sie können außer in den Fällen des Abs. (2) nicht bei
Polizeidienststellen, im Sicherheitswach-, im Gendarmerie-,
im Kriminal-, im Zollwach- und im Justizwachdienst
verwendet werden;

cc) sie können außer in den Fällen des Abs. (2) nicht bei der
Strafrechtspflege und beim Strafvollzug verwendet werden;

dd) sie können sonst nicht auf Leiterposten im Lehr- und
Erziehungsberuf bis 30. April 1948 verwendet werden, außer
in Schulen, in denen nur eine Lehrperson als Klassenlehrer
beschäftigt ist, höchstens jedoch für einen Zeitraum von
sechs Monaten vom Tage des Inkrafttretens des
Nationalsozialistengesetzes gerechnet, sofern sie nicht
eine Erlaubnis von der im Abs. (2) genannten Kommission
erhalten;

ee) sie können im öffentlichen Dienst während des Dienststandes
bis 30. April 1950 höchstens auf Dienstposten verwendet
werden, die einem Dienstposten der VI. Dienstklasse der
allgemeinen Verwaltung des Bundes (im Sinne des
Gehaltsgesetzes 1927), wenn sie aber einem Dienstzweig der
Verwendungsgruppe 8 der allgemeinen Verwaltung des Bundes
angehören, einem Dienstposten der V. Dienstklasse dieser
Verwaltung entsprechen. Ihr Dienstbezug kann den
Höchstbezug der vorbezeichneten Dienstposten der
allgemeinen Verwaltung nicht übersteigen. Haben oder hatten
sie bereits einen höheren Dienstposten inne, dann sind sie
für die Zeit des Dienststandes auf einen der vorstehenden
Bestimmung entsprechenden Dienstposten mit der Maßgabe
rückzureihen, daß hiedurch ihre Dienstbezüge nicht um mehr
als ein Drittel vermindert werden; andernfalls sind die
Bezüge durch Zulagen so zu erhöhen, daß sie zwei Drittel
der früheren Bezüge erreichen. Rückgereihte können in der
Zeit vom 1. Mai 1945 bis 30. April 1950 nicht auf einen
höheren Dienstposten befördert werden. Erfolgt keine
Rückreihung, so kann die Zeit vom 1. Mai 1945 bis 30. April
1950 für die Vorrückung in höhere Bezüge nicht angerechnet
werden.

c) Ihre Ruhegenüsse aus einem öffentlichen Dienstverhältnis oder
ihre Versorgungsgenüsse nach einem öffentlichen Bediensteten
werden bis 30. April 1955 um ein Drittel gekürzt; diese Kürzung
findet jedoch nur soweit statt, als dadurch die um die
Einkommen(Lohn)steuer verminderte monatliche Auszahlung nicht
unter den Betrag von 150 S sinkt. Ihre Ruhe- und
Versorgungsgenüsse entfallen jedoch bis zur Vollendung des
60. Lebensjahres oder bis zur amtsärztlich festgestellten
dauernden Arbeitsunfähigkeit soweit, als die eben bezeichnete
Mindestgrenze von 150 S überschritten wird. Zur Vermeidung
unbilliger Härten können Unterhaltsbeiträge unter sinngemäßer
Anwendung der Bestimmungen des § 98 des Gesetzes vom 25. Jänner
1914, R. G. Bl. Nr. 15 (Dienstpragmatik), von der Dienstbehörde
(dem Dienstgeber) zuerkannt werden.

d) Sie sind von der Führung eines Unternehmens oder Betriebes aus
welchem Titel immer bis 30. April 1950 ausgeschlossen, sofern
das Unternehmen oder der Betrieb nach der Höhe des
Anlagekapitals, des Umsatzes, der Zahl der Beschäftigten oder
nach sonstigen Merkmalen über den Rahmen eines Mittelbetriebes
hinausgeht. Die näheren Bestimmungen über die Merkmale eines
Mittelbetriebes werden durch Verordnung getroffen.

e) Es treffen sie ferner die Sühnefolgen nach § 18, lit. c und m,
bis zum 30. April 1950; dasselbe gilt von dem Betrieb des
Fremdenbeherbergungsgewerbes, sofern das Unternehmen nach dem
Stand vom Jahre 1944 über Nächtigungsmöglichkeiten für mehr als
15 Gäste verfügt, und von dem Betrieb der Gewerbe, die auf
mechanischem oder chemischem Wege die Vervielfältigung von
literarischen Erzeugnissen oder den Handel mit solchen zum
Gegenstand haben, mit Ausnahme des im § 21, Abs. (5), Gew.O.
umschriebenen Handels mit Presseerzeugnissen. Sie können ferner
außer in den Fällen des Abs. (2) innerhalb dieser Zeit die
Berufe eines Rechtsanwaltes (oder Rechtsanwaltsanwärters) -
auch nicht als Angestellter in Rechtsanwaltskanzleien -, eines
Verteidigers in Strafsachen (oder Anwärters in diesem Berufe) -
auch nicht als Angestellter in der Kanzlei eines Verteidigers
in Strafsachen -, eines Notars (Notariatskandidaten) - auch
nicht als Angestellter in einer Notariatskanzlei -, eines
Patentanwalts(Patentanwaltsanwärters) - auch nicht als
Angestellter in einer Patentanwaltskanzlei -, eines Arztes,
eines Zahnarztes, eines Pharmazeuten, eines Tierarztes, eines
behördlich autorisierten und beeideten Ziviltechnikers, eines
öffentlichen Wirtschaftsprüfers, eines Steuerberaters oder
eines Gebäudeverwalters nicht ausüben und ein Theater-,
Konzert-, Kino-, Varieté-, Zirkusunternehmen oder ein anderes
Veranstaltungsunternehmen oder ein Filmverleihunternehmen nicht
betreiben.

f) Sie können sich bis zum 30. April 1950 nicht an der Gestaltung
des Inhaltes einer Zeitung [§ 2, Abs. (2), Pressegesetz] mit
Ausnahme von Fachzeitschriften, einer Zeitungskorrespondenz
oder eines Sammelwerkes durch Beiträge beteiligen.

g) Sie sind von der Bekleidung eines leitenden Postens im Lehr-
und Erziehungsberuf bis 30. April 1950 ausgeschlossen. Sie
können überdies bis zum gleichen Zeitpunkt von der zuständigen
Aufsichtsbehörde von der Verwendung als Lehrer an Privatschulen
ausgeschlossen werden.

h) Sie sind bis zum 30. April 1950 vom passiven Wahlrecht in die
gesetzgebenden Körperschaften und von dem Amt eines
Geschworenen oder Schöffen ausgeschlossen.
i) Sie können bis zum 30. April 1950 durch einseitige Verfügung
der Aufsichtsbehörde vom Betrieb von Tabakverschleißgeschäften,
Geschäftsstellen der Klassenlotterie und Lottokollekturen
ausgeschlossen werden.

j) Sie können bis zum 30. April 1950 der Akademie der
Wissenschaften (der Österreichischen Akademie der
Wissenschaften in Wien) nicht als wirkliche Mitglieder
angehören; sie können bis zu diesem Zeitpunkt nicht zu
korrespondierenden Mitgliedern ernannt werden.

k) Sie müssen bis zum 30. April 1950 von der Zulassung zum
Hochschulstudium ausgeschlossen werden.

l) Sie können bis zum 30. April 1950 vom öffentlichen Auftreten
als frei schaffende Künstler oder als darstellende Künstler
(Schauspieler, Sänger, Tänzer), als Dirigenten, Musiker,
Regisseure, Bühnenbildner durch eine beim Bundesministerium für
Unterricht eingesetzte Kommission ausgeschlossen
werden. Das Nähere über die Zusammensetzung, die
Geschäftsführung und das Verfahren vor dieser Kommission wird
durch Verordnung bestimmt.

m) Sie können, wenn sie von den im Abs. (2) genannten Kommissionen
zur Berufsausübung nicht zugelassen werden, zu Arbeiten
herangezogen werden.

n) Gesetzliche Maßnahmen, betreffend Wohnungsanforderung, die im
§ 18, lit. i, vorgesehen sind, sind auch gegen minderbelastete
Personen anzuwenden, wenn dies zugunsten von Kriegsopfern und
Opfern der nationalsozialistischen Unterdrückung notwendig
erscheint, jedoch unbeschadet der Bestimmungen über die
Rückstellung von arisiertem oder sonst entzogenem Vermögen.

(2) Minderbelastete Personen können nur auf besondere Entscheidung
von besonders zu diesem Zweck gebildeten Kommissionen bei
Polizeidienststellen, im Sicherheitswach-, im Gendarmerie-, im
Kriminal-, im Zollwach- und im Justizwachdienst, bei der
Strafrechtspflege und beim Strafvollzug verwendet werden oder die
Berufe eines Rechtsanwaltes (Rechtsanwaltsanwärters), eines
Verteidigers in Strafsachen (Anwärters in diesem Berufe), eines
Notars (Notariatskandidaten), eines Patentanwaltes
(Patentanwaltsanwärters) ausüben oder in den Kanzleien der
vorgenannten Berufe angestellt sein oder die Berufe eines Arztes,
Zahnarztes, Pharmazeuten oder Tierarztes, eines behördlich
autorisierten und beeideten Ziviltechnikers, eines öffentlichen
Wirtschaftsprüfers, eines Steuerberaters oder eines
Gebäudeverwalters ausüben oder ein Theater-, Konzert-, Kino-,
Varieté-, Zirkusunternehmen oder ein anderes
Veranstaltungsunternehmen oder ein Filmverleihunternehmen
betreiben. Das gleiche gilt für die Ausübung des Lehrberufes nach
den Bestimmungen des Abs. (1), lit. b, dd.

(3) Die Kommissionen bestehen aus dem zuständigen Bundesminister
oder einem von ihm bestellten Vertreter als Vorsitzendem, einem
Vertreter des Bundesministeriums, einem Angehörigen der
Berufsvertretung des Betroffenen und aus je einem Vertreter der drei
anerkannten politischen Parteien. Die Entscheidungen der
Kommissionen werden mit einer Mehrheit von vier Stimmen getroffen.
Der Vorsitzende stimmt nicht mit. Nähere Bestimmungen werden durch
ein Bundesverfassungsgesetz festgelegt, das spätestens drei Monate
nach Kundmachung des Nationalsozialistengesetzes zu erlassen ist.

Beachte

Gemäß Art. III § 12 Abs. 1 Z 3 BVG BGBl. Nr. 82/1957 (NS-Amnestie
1957) ist ein Strafverfahren wegen des Verbrechens nach § 20 Abs. 5
Verbotsgesetz 1947 nicht einzuleiten. Gemäß Art. III § 12 Abs. 2
BGBl. Nr. 82/1957 (NS-Amnestie 1957) sind eingeleitete
Strafverfahren
einzustellen. Gemäß Art. III § 14 Abs. 1 Z 3 BGBl. Nr. 82/1957
(NS-Amnestie 1957) sind verhängte Strafen gem. § 20 Abs. 5
Verbotsgesetz 1947, soweit sie nicht vollstreckt sind, nachgesehen.
Gemäß Art. III § 15 Abs. 1 Z 2 BGBl. Nr. 82/1957 (NS-Amnestie 1957)
gelten Verurteilungen wegen des Verbrechens nach § 20 Abs. 5
Verbotsgesetz 1947 als getilgt.

§ 20. (1) Personen, die die laufende oder einmalige Sühneabgabe zu
entrichten haben, dürfen bis zur vollständigen Erfüllung dieser
Abgabepflicht durch rechtsgeschäftliche Verfügungen
(Rechtshandlungen oder Unterlassungen) ihr unbewegliches Vermögen
weder veräußern noch belasten. Das gleiche gilt für Veräußerungen
oder Belastungen ihres beweglichen Vermögens oder für die Übernahme
von Verpflichtungen, sofern diese Verfügungen über den Rahmen der
laufenden Verwaltung oder der Fortführung des Haushaltes
hinausgehen. Gegen diese Verbote verstoßende Rechtsgeschäfte sind
nichtig. Desgleichen sind Verfügungen der genannten Art nichtig, die
nach dem 31. März 1945 getroffen worden sind. Der
rechtsgeschäftlichen Verfügung steht, soweit es sich um unbewegliche
Sachen handelt, eine Verfügung im Wege der Zwangsvollstreckung
gleich.

(2) Eintragungen in die öffentlichen Bücher dürfen von Gerichten
nur bewilligt werden,

1. wenn derjenige, dessen bücherliche Rechte beschränkt, belastet,
aufgehoben oder auf eine andere Person übertragen werden sollen, in
einer schriftlichen Erklärung an Eides Statt versichert, daß er
nicht zu den im § 17, Abs. (2) und (3), aufgezählten Personen
gehört, oder

2. wenn durch Vorlage einer Bestätigung der zur Einhebung der
Sühneabgabe zuständigen Behörde nachgewiesen wird, daß er die
Verpflichtung zur Leistung der laufenden und einmaligen Sühneabgabe
vollständig erfüllt hat oder daß er von dieser Verbindlichkeit gemäß
§ 17, Abs. (4), befreit ist. Die Unterschrift der Erklärung nach
Z. 1 muß gerichtlich oder notariell beglaubigt werden. Einer solchen
Erklärung bedarf es nicht, wenn die Bestätigung einer
Bezirksverwaltungsbehörde, eines Amtes der Landesregierung (Wiener
Magistrat) oder des Bundesministeriums für Inneres vorliegt, daß
derjenige, der sonst die Erklärung nach Z. 1 abzugeben hätte, nicht
zu den im § 17, Abs. (2) und (3), aufgezählten Personen gehört.

(3) Abs. (2) gilt sinngemäß für die Bewilligung oder Fortsetzung
einer Zwangsvollstreckung auf unbewegliche Sachen. Schon bewilligte
Zwangsvollstreckungen sind aufzuschieben, bis die Voraussetzungen
für die Fortsetzung gegeben sind. Liegt ein urkundlicher Nachweis im
Sinne des Abs. (2) nicht vor, so hat das Gericht auf Antrag des
betreibenden Gläubigers eine Tagsatzung anzuordnen und dem
Verpflichteten den Eid darüber abzunehmen, ob er zu den im § 17,
Abs. (2) und (3), genannten Personen gehört (§§ 48 ff. EO.). Die
vorstehenden Bestimmungen gelten auch für die Fortsetzung eines
bereits anhängigen oder neu anfallenden
Zwangsvollstreckungsverfahrens, das nicht auf unbewegliche Sachen
gerichtet ist, wenn sich begründeter Verdacht ergibt, daß die
Voraussetzungen des Abs. (1) vorliegen.

(4) Von der Anwendung der Bestimmungen des Abs. (1) können
Ausnahmen bewilligt werden. Das Nähere wird durch Verordnung
geregelt.

(5) Wer unter Eid oder in einer schriftlichen Erklärung an Eides
Statt [Abs. (2)] unwahre Angaben darüber macht, daß er nicht zu
den im § 17, Abs. (2) oder (3), aufgezählten Personen gehört, ist
wegen Verbrechens nach § 8 zu bestrafen.

§ 23. Bezüge welcher Art immer, die aus Mitteln des Staates, der
Länder (Stadt Wien), der Gemeinden oder öffentlich-rechtlicher
Körperschaften wegen einer Betätigung für die NSDAP oder einen ihrer
Wehrverbände (SS, SA, NSKK, NSFK) gewährt worden sind,
beispielsweise die Bezüge der sogenannten Opfer der Bewegung und
ihrer Hinterbliebenen, oder die sogenannten
Wiedergutmachungsbeträge, werden sofort eingestellt; die erhaltenen
Beträge sind von den Empfängern oder deren Rechtsnachfolgern sofort
zu erstatten.
Der Nachlaß von Verbindlichkeiten, insbesondere von Steuer- und
Abgabeschulden an den Staat, die Länder (Stadt Wien), die Gemeinden,
öffentlich-rechtliche Körperschaften sowie der Österreichischen
(Anm.: richtig: Oesterreichischen) Nationalbank und Anstalten, der
mit Rücksicht auf eine Tätigkeit für die NSDAP oder einen ihrer
Wehrverbände (SS, SA, NSKK, NSFK) oder mit Rücksicht auf die
Zugehörigkeit zu ihnen gewährt worden ist, ist unwirksam. Auch diese
Beträge sind sofort zu erstatten.

Beachte

Beachte weiters die Bestimmungen des Art. I und II des BVG,
BGBl. Nr. 82/1957 (NS-Amnestie 1957).

Artikel VI: Ausnahmebestimmungen.

§ 27. (1) Der Bundespräsident kann auf Antrag der zuständigen
Bundesminister Ausnahmen von der Behandlung nach den Bestimmungen
der Artikel III und IV und von den in besonderen Gesetzen
enthaltenen Sühnefolgen in Einzelfällen teilweise oder ganz
bewilligen, wenn der Betreffende seine Zugehörigkeit zur NSDAP, zu
einem ihrer Wehrverbände (SS, SA, NSKK, NSFK), zum NS-Soldatenring
oder zum NS-Offiziersbund niemals mißbraucht hat, mit Sicherheit auf
seine positive Einstellung zur unabhängigen Republik Österreich
geschlossen werden kann und die Ausnahme im öffentlichen Interesse
oder sonst aus einem besonders berücksichtigungswürdigen Grund
gerechtfertigt erscheint. Ein solcher berücksichtigungswürdiger Fall
liegt insbesondere bei Personen vor, die - wenn auch nicht in den
Reihen der alliierten Armeen - mit der Waffe in der Hand gegen den
Nationalsozialismus gekämpft haben.

(2) Die Überreichung eines Gesuches nach Abs. (1) ist durch
Anschlag bei der zuständigen Registrierungsbehörde mit der
Aufforderung zu veröffentlichen, Bedenken gegen die Genehmigung des
Gesuches innerhalb einer Frist von 14 Tagen nach Anschlag
bekanntzugeben.

(3) Die Überreichung des Gesuches und die darüber ergangene
Entscheidung sind in den besonderen Listen anzumerken.

Artikel VII: Schlußbestimmungen.

§ 27a. (Anm.: Aufgehoben durch I. Hauptstück, Abschn. I Z 20 des
BVG, BGBl. Nr. 25/1947)

§ 29. Mit der Vollziehung dieses Bundesverfassungsgesetzes ist die
Bundesregierung betraut.

 XXI. HAUPTSTÜCK.

Schlußbestimmungen.

(Anm.: zu §§ 3, 3a bis 3g, 4 bis 7, 10 bis 14, 16 bis 20)

1. Die Bundesministerien sind ermächtigt, die in den
Hauptstücken I bis XX genannten Rechtsvorschriften unter
Berücksichtigung der Änderungen und Ergänzungen, die sich aus dem
vorliegenden Bundesverfassungsgesetz ergeben, sowie unter
Bedachtnahme auf die gegenwärtigen staats- und
verwaltungsrechtlichen Einrichtungen durch Verordnung mit
rechtsverbindlicher Kraft zu verlautbaren.

2. Alle Novellierungen dieses Bundesverfassungsgesetzes können nur
durch Bundesverfassungsgesetz durchgeführt werden; jedoch bleiben
einfache Bundesgesetze, die durch das vorliegende
Bundesverfassungsgesetz abgeändert sind, weiterhin einfache
Bundesgesetze.

3. Im Wege der Landesgesetzgebung können über die Vorschriften
dieses Bundesverfassungsgesetzes hinausgehende Bestimmungen gegen
Nationalsozialisten nicht getroffen werden.

4. Rechtsfolgen, die nach den bestehenden Rechtsvorschriften an
rechtskräftige Verurteilungen geknüpft sind, bleiben unberührt.

5. Die Bestimmungen des XVII. Hauptstückes, Z. 8, dieses
Bundesverfassungsgesetzes wirken, falls dieses
Bundesverfassungsgesetz nach Ablauf der Frist des § 11, Abs. (1),
1. Satz, des Wirtschaftssäuberungsgesetzes in seiner letzten Fassung
in Kraft tritt, auf die Zeit vom Ablauf dieser Frist an zurück.

6. Mit der Vollziehung dieses Bundesverfassungsgesetzes ist die
Bundesregierung betraut, soweit nicht ausdrücklich an einzelnen
Stellen dieses Bundesverfassungsgesetzes einzelne Bundesministerien
mit Vollziehungsakten betraut werden.

Artikel I.

Aufhebung der Registrierungspflicht.

(Anm.: zu §§ 4 bis 6, 13 und 17)

§ 1. (1) Ab dem Inkrafttreten dieses Bundesverfassungsgesetzes
finden Verzeichnungen in den besonderen Listen gemäß §§ 4 und 13 des
Verbotsgesetzes 1947 (I. Hauptstück, Abschnitt II, Z. 7 des
Nationalsozialistengesetzes, BGBl. Nr. 25/1947) und Anmeldungen zur
Verzeichnung nach § 5 des Verbotsgesetzes 1947 nicht mehr statt.

(2) Ist eine Verzeichnung gemäß § 17 Abs. 2 oder 3 des
Verbotsgesetzes 1947 bereits in Rechtskraft erwachsen, so gilt die
Eintragung mit dem Inkrafttreten dieses Bundesverfassungsgesetzes
als gestrichen. Die öffentliche Auflegung der Registrierungslisten
gemäß § 6 des Verbotsgesetzes 1947 entfällt.

(3) Anhängige Verfahren über die Verzeichnung sind einzustellen.
Dies gilt jedoch nicht für Verfahren, die gemäß §§ 69 und 71 AVG.
1950 oder gemäß § 43 der Verordnung der Bundesregierung vom
10. März 1947, BGBl. Nr. 64, eingeleitet wurden oder noch eingeleitet
werden.

(4) Ab Inkrafttreten dieses Bundesverfassungsgesetzes können
Verfahren gemäß § 68 AVG. 1950 oder § 43 der Verordnung der
Bundesregierung vom 10. März 1947, BGBl. Nr. 64, nur noch eingeleitet
werden, wenn der Betroffene nur auf Grund eines gerichtlichen
Urteiles gemäß § 17 Abs. 2 lit. f des Verbotsgesetzes 1947 als
belastet verzeichnet und diese Verurteilung nachher aufgehoben wurde.

(5) Durch diese Regelung werden die Vorschriften über das Verfahren
vor dem Verfassungsgerichtshof nicht berührt.

(6) Die Bestimmungen des Abs. 2, erster Satz, stehen einer nach den
Abs. 3 und 4 noch zulässigen Abänderung der Entscheidung über die
Verzeichnung nicht entgegen.

(Anm.: zu §§ 13 und 17)

§ 2. (1) Für Personen, auf die die Bestimmungen des § 1 Abs. 1
Anwendung finden, gelten, sofern sie nicht schon nach den bis zum
Inkrafttreten dieses Bundesverfassungsgesetzes geltenden
Bestimmungen von der Sühnepflicht ausgenommen sind, die in den §§ 5
und 6 angeführten Sonderbestimmungen.

(2) Das gleiche gilt für Personen, auf die die Bestimmungen des § 1
Abs. 3, erster Satz, Anwendung finden.

(3) Auf Antrag der für die Handhabung der Sonderbestimmungen der
§§ 5 und 6 zuständigen Behörden haben die Verwaltungsbehörden, in
letzter Instanz die im § 7 Abs. 1 des Verbotsgesetzes 1947
genannte Kommission (Feststellungsbehörden) festzustellen, ob und in
welchem Umfang diese Personen der Verzeichnung in den
Registrierungslisten unterliegen würden.

(4) In den Fällen des Abs. 2 ist die Feststellung von jener
Feststellungsbehörde zu treffen, bei der im Zeitpunkt des
Inkrafttretens dieses Bundesverfassungsgesetzes das
Registrierungsverfahren anhängig war.

(5) In dem Verfahren nach den Abs. 1 bis 4 kommt den Personen, die
im Verwaltungsverfahren nach den Sonderbestimmungen der §§ 5 und 6
Parteien oder Beteiligte sind, Parteistellung vor der
Feststellungsbehörde zu.

(Anm.: zu §§ 13 und 17)

§ 3. Personen, auf die die Bestimmungen des § 2 Abs. 1 und 2
Anwendung finden, sind bei Handhabung der in den §§ 5 und 6
genannten Sonderbestimmungen so zu behandeln, wie wenn sie dem
Personenkreis des § 4 Abs. 1 oder § 13 des Verbotsgesetzes 1947
angehören würden.

(Anm.: zu §§ 13 und 17)

§ 4. Die näheren Vorschriften über das Feststellungsverfahren und
dessen Instanzenzug werden durch Verordnung getroffen.

(Anm.: zu §§ 13 und 17)

§ 5. Unterliegt eine Person nur zufolge § 1 Abs. 1 oder Abs. 3,
erster Satz, nicht den Sühnefolgen nach § 18 lit. b des
Verbotsgesetzes 1947, findet eine Nachzahlung weder von
Bezugsvorschüssen im Sinne des § 3 Abs. 2 Beamten-Überleitungsgesetz,
StGBl. Nr. 134/1945, noch von Bezügen statt.

(Anm.: zu §§ 13 und 17)

§ 6. Rechtswirkungen auf Grund der Bestimmungen des XIV.
Hauptstückes, Abschnitt II und III, sowie des XV. Hauptstückes des
Nationalsozialistengesetzes, BGBl. Nr. 25/1947, werden durch die
Bestimmungen dieses Bundesverfassungsgesetzes nur soweit berührt,
als dies in den Artikeln IV und V bestimmt ist.

Artikel II.

Bestimmungen über die Beendigung der Sühnefolgen.

(Anm.: zu §§ 13 und 17)

§ 7. (1) Die im Verbotsgesetz 1947 und sonstigen Gesetzen
enthaltenen Sühnefolgen enden mit dem Inkrafttreten dieses
Bundesverfassungsgesetzes für die in § 17 Abs. 2 und 3 des
Verbotsgesetzes 1947 genannten Personen, sofern sie nicht bereits
geeendet haben.

(2) Sind die in Abs. 1 genannten Personen vor dem Inkrafttreten
dieses Bundesverfassungsgesetzes bereits verstorben, so gelten die
in § 18 lit. b Verbotsgesetz 1947 enthaltenen Sühnefolgen als am Tag
vor dem Ableben beendet. Eine Nachzahlung von Bezugsvorschüssen im
Sinne des § 3 Abs. 2 Beamten-Überleitungsgesetz, StGBl. Nr. 134/1945,
oder von Bezügen findet nicht statt.

(Anm.: zu §§ 13 und 17)

§ 8. (1) Die Wirkungen von Sühnefolgen und Rechtsnachteilen, die
vor dem Inkrafttreten dieses Bundesverfassungsgesetzes kraft
Gesetzes oder durch rechtswirksame Maßnahmen eingetreten sind,
bleiben unberührt, sofern in den folgenden Bestimmungen dieses
Bundesverfassungsgesetzes nichts anderes bestimmt wird.

(2) Anhängige Verfahren über den Eintritt von Sühnefolgen und
Rechtsnachteilen sind nach den bisher geltenden Bestimmungen
durchzuführen.

(Anm.: zu §§ 13 und 17)

§ 9. (1) Personen, bei denen auf Grund der Bestimmungen dieses
Bundesverfassungsgesetzes die Sühnefolgen enden oder vor dem
Inkrafttreten dieses Bundesverfassungsgesetzes bereits geendet haben,
sowie deren Hinterbliebene sind nach Wegfall der entgegenstehenden
Rechtsfolgen einer allfälligen Verurteilung unter Bedachtnahme auf
die Bestimmungen des § 45 Abs. 3 nach dem Beamten-Überleitungsgesetz,
StGBl. Nr. 134/1945, oder gleichartigen Bestimmungen zu behandeln,
sofern nicht bereits eine solche Behandlung stattgefunden hat. In den
Fällen des § 8 Abs. 2 und § 10 Abs. 1 und 2
Beamten-Überleitungsgesetz, StGBl. Nr. 134/1945, oder gleichartiger
Bestimmungen hat bei rechtzeitiger Einbringung eines Antrages nach
§ 45 Abs. 3 als Tag der Wirksamkeit der Verfügung nach diesen
Bestimmungen der 1. Oktober 1957, frühestens aber der Zeitpunkt nach
Wegfall entgegenstehender Rechtsfolgen einer allfälligen Verurteilung
zu gelten. Im Falle der Nachsicht der Fristversäumnis im Sinne des
§ 45 Abs. 3 hat als Beginn der Wirksamkeit der Verfügung der auf die
Zustellung des Bescheides nächstfolgende Monatserste, frühestens
jedoch der 1. Oktober 1957 zu gelten. Eine Zahlung von
Bezugsvorschüssen im Sinne des § 3 Abs. 2 Beamten-Überleitungsgesetz,
StGBl. Nr. 134/1945, findet in keinem Fall statt.

(2) Verfügungen gemäß § 7, § 8 Abs. 2 oder § 10 des
Beamten-Überleitungsgesetzes, StGBl. Nr. 134/1945 oder gleichartiger
Bestimmungen, die vor dem Ausscheiden nach den Bestimmungen des
Nationalsozialistengesetzes, BGBl. Nr. 25/1947, oder vor dem
Ausscheiden infolge einer Verurteilung wegen einer im § 17 Abs. 2
lit. f des Verbotsgesetzes 1947 oder im § 14 Abs. 1 angeführten
strafbaren Handlung getroffen wurden, stehen der Behandlung nach
Abs. 1 nicht entgegen.

(3) Den in Abs. 1 genannten Personen oder ihren
versorgungsberechtigten Angehörigen auf Grund des ehemaligen
Dienstverhältnisses gewährte außerordentliche Versorgungsgenüsse,
Untehaltsbeiträge oder andere fortlaufende Unterstützungen sind mit
dem Wirksamwerden einer Verfügung nach Abs. 1 einzustellen.

(Anm.: zu §§ 13 und 17)

§ 10. Die Verpflichtung zur Entrichtung bereits festgesetzter
Schuldigkeiten von Sühneabgaben bleibt unberührt. Bei der Einbringung
ist jedoch jede Unbilligkeit zu vermeiden. Nach dem Inkrafttreten
dieses Bundesverfassungsgesetzes sind Sühneabgaben sowie die in § 5
Z. 2 der Vermögensverfallsamnestie, BGBl. Nr. 155/1956, genannten
Beträge, die auf die einmalige Sühneabgabe entfallen würden, nicht
mehr festzusetzen. Über anhängige Rechtsmittel ist zu entscheiden.

(Anm.: zu §§ 13 und 17)

§ 11. Ab dem Inkrafttreten dieses Bundesverfassungsgesetzes sind
Wiedergutmachungsbeträge nach § 23 des Verbotsgesetzes 1947, auch
wenn sie bescheidmäßig festgestellt, aber noch nicht erstattet sind,
nicht mehr zurückzuzahlen. Sie dürfen auch von dem zu erstattenden
Vermögen nicht in Abzug gebracht werden.

Beachte

Abs. 2: Verfassungsbestimmung

ARTIKEL III.

Übergangsbestimmungen.

(Anm.: zu §§ 24 bis 26)

§ 7. (1) Wenn in gesetzlichen Vorschriften, die durch das
vorliegende Bundesgesetz nicht aufgehoben oder ausdrücklich
abgeändert werden, Bestimmungen enthalten sind, die sich auf die
Volksgerichte beziehen, sind sie auf die an die Stelle der
Volksgerichte tretenden ordentlichen Gerichte zu beziehen.

(2) (Verfassungsbestimmung.) Das gleiche gilt für
verfassungsgesetzliche Vorschriften, in denen Bestimmungen enthalten
sind, die sich auf die Volksgerichte beziehen.

Abschnitt II.

Übergangsbestimmungen.

(Anm.: zu §§ 4, 8, 10 und 19)

1. In den besonderen Listen bereits enthaltene Eintragungen über
Personen, die auf Grund dieses Bundesverfassungsgesetzes nicht mehr
zu verzeichnen sind, sind von Amts wegen oder auf Antrag zu
streichen.

2. Die Registrierungsbehörden haben eine angemessene Frist für die
Meldung jener Personen und für die nachträgliche Meldung jener
Umstände festzusetzen, die nach den Bestimmungen des § 4, Abs. (1),
lit. b, c, d und e, des Verbotsgesetzes in der Fassung des
Abschnittes I in den besonderen Listen einzutragen sind, nach § 4
des Verbotsgesetzes in seiner ursprünglichen Fassung aber nicht
registrierungspflichtig waren.

3. (1) Wer vor dem Inkrafttreten des vorliegenden
Bundesverfassungsgesetzes eine im § 8 des Verbotsgesetzes mit Strafe
bedrohte Handlung begangen hat, wird deshalb nicht bestraft, wenn er
nach dem vorliegenden Bundesverfassungsgesetz nicht mehr in den
besonderen Listen zu verzeichnen ist. Ein wegen einer solchen
Handlung oder nur mit Rücksicht darauf wegen Verbrechens des
Hochverrates nach § 10 des Verbotsgesetzes eingeleitetes
Strafverfahren ist einzustellen, und zwar auch dann, wenn vor dem
Tage des Inkrafttretens des vorliegenden Bundesverfassungsgesetzes
das Urteil erster Instanz zwar schon gefällt, aber noch nicht in
Rechtskraft erwachsen ist; ist das verurteilende Erkenntnis schon
in Rechtskraft erwachsen, so gilt die Verurteilung als nicht
erfolgt.

(2) Wer vor dem Inkrafttreten des vorliegenden
Bundesverfassungsgesetzes eine im § 8 des Verbotsgesetzes mit Strafe
bedrohte Handlung begangen hat und auch nach dem neuen Recht in den
besonderen Listen zu verzeichnen ist, wird wegen dieser Handlung
nicht bestraft, wenn er binnen vier Wochen nach dem Inkrafttreten
des vorliegenden Bundesverfassungsgesetzes die unterlassene
Anmeldung zur Registrierung nachholt oder unvollständige oder
unrichtige Angaben berichtigt. Ein wegen einer solchen Handlung
eingeleitetes Strafverfahren ist unter der gleichen Voraussetzung
einzustellen, und zwar auch dann, wenn vor dem Tage des
Inkrafttretens des vorliegenden Bundesverfassungsgesetzes das Urteil
erster Instanz zwar schon gefällt, aber noch nicht in Rechtskraft
erwachsen ist; ist das verurteilende Erkenntnis schon in Rechtskraft
erwachsen, so gilt die Verurteilung als nicht erfolgt. Diese
Bestimmungen finden keine Anwendung, wenn sich der Täter auch des
Verbrechens des Hochverrats nach § 10 des Verbotsgesetzes in der
vor dem Inkrafttreten des vorliegenden Bundesverfassungsgesetzes
geltenden Fassung schuldig gemacht hat.

(3) Über die Einstellung des Verfahrens sowie darüber, ob eine
Verurteilung als nicht erfolgt gilt, entscheidet das Gericht, bei
dem das Verfahren anhängig ist oder war, auf Antrag des
Beschuldigten oder Verurteilten oder des Staatsanwaltes, über die
Einstellung auch von Amts wegen, und zwar außerhalb der
Hauptverhandlung durch Beschluß.

(4) Entschädigungsansprüche können auf Grund der vorstehenden
Bestimmungen nicht erhoben werden.

4. Minderbelastete, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses
Bundesverfassungsgesetzes in einem im § 19, Abs. (2), des
Verbotsgesetzes in der Fassung des Abschnittes I genannten Berufe
tätig sind, können ihren Beruf bis zur Entscheidung der im § 19,
Abs. (3), des Verbotsgesetzes in der Fassung des Abschnittes I
genannten Kommissionen, längstens jedoch bis zum Ablauf von drei
Monaten nach Kundmachung des im § 19, Abs. (3), des Verbotsgesetzes
in der Fassung des Abschnittes I genannten Bundesverfassungsgesetzes
weiter ausüben.

5. (1) Ist der Bestandnehmer eine minderbelastete Person, so ist
in einem anhängigen Bestandverfahren der Wegfall des
Kündigungsgrundes nach § 22 des Verbotsgesetzes in seiner
ursprünglichen Fassung von Amts wegen in jeder Lage des Verfahrens
zu berücksichtigen. Die mit der Geltendmachung des Kündigungsgrundes
zusammenhängenden Kosten hat der Beklagte zu tragen.

(2) Ist jedoch ein solches Verfahren vor dem 1. April 1946
eingeleitet worden, so ist es nach den Bestimmungen des § 22 des
Verbotsgesetzes in seiner ursprünglichen Fassung fortzusetzen.

6. Das Verfassungsgesetz vom 15. August 1945, St. G. Bl. Nr. 127,
über die Änderung und Ergänzung des Verbotsgesetzes vom 8. Mai 1945,
St. G. Bl. Nr. 13 (Verbotsgesetznovelle), in der Fassung des
Bundesverfassungsgesetzes vom 24. Juli 1946, B. G. Bl. Nr. 177,
tritt außer Kraft.

7. Das Verfassungsgesetz vom 8. Mai 1945, St. G. Bl. Nr. 13, über
das Verbot der NSDAP (Verbotsgesetz) in der Fassung des
Verfassungsgesetzes vom 16. November 1945, B. G. Bl. Nr. 16/1946
(2. Verbotsgesetznovelle), und des Abschnittes I ist als
"Verbotsgesetz 1947" zu bezeichnen.

Beachte

Gemäß Art. I § 13 Abs. 1 BVG, BGBl. Nr. 82/1957 (NS-Amnestie 1957)
entfällt die im Verbotsgesetz 1947 angeführte (Neben-)Strafe des
Vermögensverfalls, wodurch auch kein vollständiges Verfahren nach
§ 24 Volksgerichtsverfahrens- und Vermögensverfallgesetz 1947 mehr
möglich ist.

(Anm.: zu §§ 24 bis 26)

§ 8. (1) Ist am Tage des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes ein
Verfahren wegen der im § 2 Abs. 1 bezeichneten Verbrechen oder ein
selbständiges Verfahren (§ 24 Volksgerichtsverfahrens- und
Vermögensverfallsgesetz 1947) schon eingeleitet, aber noch nicht
beendet, und wäre nach dem neuen Recht der Gerichtshof erster
Instanz, der bisher als Volksgericht einschritt, örtlich unzuständig
(§§ 51, 52, 54 StPO.), so steht das weitere Verfahren - wenn eine
Anklageschrift bereits eingebracht ist, ohne Rücksicht auf die
Bestimmung des § 219 StPO. - dem örtlich zuständigen Gerichtshof
erster Instanz (Geschwornengericht) zu.

(2) Ist das Verfahren vor dem Volksgericht durch Urteil oder
Einstellung beendet, so steht das weitere Verfahren dem Gerichtshof
erster Instanz zu, der als Volksgericht bisher eingeschritten ist.

(3) Überprüfungen nach dem Überprüfungsgesetz, BGBl. Nr. 4/1946,
können bis zum 31. Dezember 1956 angeordnet werden.

(4) Hebt der Oberste Gerichtshof nach dem Inkrafttreten dieses
Bundesgesetzes ein Volksgerichtsurteil nach § 3 des
Überprüfungsgesetzes auf, so verweist er die Sache an den örtlich
zuständigen, oder wenn er dies für zweckdienlich erachtet, an einen
anderen Gerichtshof erster Instanz (Geschwornengericht).

(5) Ein Verfahren wegen der im § 2 angeführten Verbrechen oder ein
selbständiges Verfahren (§ 24 Volksgerichtsverfahrens- und
Vermögensverfallsgesetz 1947), das nach den Bestimmungen der §§ 292
und 352 bis 362 StPO. neu durchzuführen ist, steht dem nach den
§§ 51, 52, 54 StPO. örtlich zuständigen Gerichtshof erster Instanz
(Geschwornengericht) zu.

Artikel III.

Strafrechtliche Bestimmungen.

(Anm.: zu §§ 8, 10, 11 und 12)

§ 12. (1) Ein Strafverfahren ist nicht einzuleiten:

1. wegen des Verbrechens nach § 8 des Verbotsgesetzes, StGBl.
Nr. 134/1945;

2. wegen des Verbrechens nach § 10 Abs. 1, § 11 und § 12 des
Verbotsgesetzes 1947 (I. Hauptstück, Abschnitt I, Z. 7 bis
9 des Nationalsozialistengesetzes, BGBl. Nr. 25/1947);

3. wegen des Verbrechens nach § 20 Abs. 5 des Verbotsgesetzes
1947 (I. Hauptstück, Abschnitt I, Z 16a des
Nationalsozialistengesetzes, BGBl. Nr. 25/1947);

4. (Anm.: Z 4 bis 6 betrifft nicht das Verbotsgesetz)

(2) (Anm.: betrifft Einstellung von Verfahren)

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