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First Come - first served: Der große Irrtum mit dem Prioritätsprinzip

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Es ist einer der ältesten Grundsätze des deutschen Rechtes. Im Sachsenspiegel hat es geheißen: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Über Amerika hat das Sprichwort im Internetzeitalter wieder den Weg nach Europa gefunden, natürlich in englischer Sprache. Jetzt lautet es "First come - first served" und wird auf die Vergabe von Internet-Domains (Domain ist die Bezeichnung einer Internetadresse als Zugang zu einer Homepage) angewendet.

Warum? Ganz einfach: Es bedeutet den geringsten Aufwand für die Domain-Registrierungsstelle. Keine Wartelisten, keine Reihung, keine Überprüfung; wer eine Domainbezeichnung auch nur eine Sekunde früher beantragt, bekommt sie. Die österreichische Domainvergabestelle nic.at macht das ebenso wie ihr deutsches Pendant denic.at. Nach Berichten aus Brüssel überlegt man auch bei der Vergabe der künftigen .eu-Domain nach diesem Grundsatz vorzugehen (Artikel Heise online). Von Seiten des Rechts gibt es dagegen grundsätzlich auch nichts einzuwenden. Warum soll der Schnellere nicht belohnt werden?

Leider wird dieser Grundsatz immer wieder missverstanden. In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von nic.at wird zwar unmissverständlich darauf hingewiesen, dass sich der Antragsteller verpflichtet, die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen zu beachten und insbesondere niemanden in seinen Kennzeichenrechten und Wettbewerbsrechten (Namensrecht, Markenrecht, UWG etc.) zu verletzen, aber wer liest schon AGB's? In der allgemeinen Goldgräberstimmung im Internet wird noch immer der Eindruck vermittelt, dass man nur möglichst viele berühmte Namen als Domains registrieren muss, um damit Geld scheffeln zu können. Das mag vielfach gelungen sein; manchmal haben die Namens- und Markeninhaber tatsächlich die Domain vom Domaingrabber freigekauft, um ein Gerichtsverfahren zu vermeiden und um die Domain schnell zu bekommen. In vielen Fällen hat sich der Domaininhaber damit aber auch eine 500.000 Schilling Unterlassungsklage eingehandelt oder ist im besten Falle noch mit den Kosten des Aufforderungsschreibens eines Rechtsanwaltes davon gekommen.

Wie konnte das passieren? In der allgemeinen Internet-Euphorie wurde übersehen, dass das Internet nicht außerhalb der Gesetze steht. Zudem war die Versuchung, eine fremde Marke oder einen fremden Namen für irgendetwas zu verwenden, in vor-Internet-Zeiten nicht besonders groß. Wofür auch? Mit der explosionsartigen Verbreitung des World Wide Web war das plötzlich anders. Da gab es welche, die die Wichtigkeit der Domains früher erkannten als andere. Und sie nutzten die Möglichkeit zu kaufen, solange noch interessante Namen und Bezeichnungen erwerblich waren. Schließlich war von Anfang an absehbar, dass die Adressen im Internet bald knapp werden, weil jeder "Domain-Namen" weltweit nur einmal vergeben werden darf. Und als dann die Namens- und Markeninhaber vor der geschäftlichen Notwendigkeit standen, eine Internetrepräsentanz zu gründen, mussten sie feststellen, dass da jemand einfach, ohne viel zu fragen, ihren Namen oder ihre Marke als Domain registriert hatte.

Salzburg, am 3.2.2002

Franz Schmidbauer